Der Anti-Piefke
Von Wolfgang Winheim
In Innsbruck zählte er zu den Konkursopfern. Und in Wien wurde Joachim Löw zwei Jahre später, im März 2004, vor die Tür gesetzt, obwohl die vom ihm trainierte Austria an der Spitze lag. Der damalige Austria-Boss und Bundesliga-Präsident Frank Stronach, der jetzt die österreichische Politik aufmischen will, wusste schon im Fußball alles besser. Er sei kein Winner-Typ, sagte Stronach über Löw, der inzwischen sechs Jahre beim Weltranglisten-Zweiten Teamchef ist. Löw gelingt ein Blick zurück ohne Zorn. Dass er die österreichische Mannschaft ("Sie ist so stark wie seit Jahren nicht") vor dem nachbarlichen Duell hoch lobt, mag zwar auch taktisches Spielchen sein. Dass sich Löw kürzlich klammheimlich dafür einsetzte, damit Roman Wallner außerhalb der Bürozeiten des Fußballbundes vom Viertligisten RB Leipzig rechtzeitig die Spielgenehmigung für Innsbruck erhielt, lässt indes auf ehrliche grenzüberschreitende alte Freundschaften schließen. Der smarte Herr Löw, der vor acht Jahren bei violetten Senioren-Kickerln jeden Montagabend in Wien-Favoriten der beste und zugleich ruhigste Mitspieler war, widerspricht, zumal Schwarzwälder, so völlig dem Klischee vom goscherten Piefke. Und seine Multikulti-Truppe hat das Vorurteil über die "typisch deutsche athletische Glücksritter-Truppe" längst abgebaut. Unter Löw dominiert die Spielkultur, auch wenn der Rekordinternationale Lothar Matthäus Typen und Lautsprecher vermisst. Im Gegensatz zu Honorarkritikern aus der Matthäus-Generation lassen sich die aktuellen Teamspieler keine herablassenden Bemerkungen über Österreich entlocken. Heute heben die besten deutschen Balltreter nicht mehr ab. Die Euro-Millionäre bleiben auf dem Boden. Was keine boshafte Anspielung auf die Lufthansa ist. Trotz aller Turbulenzen sollte die Maschine LH 320 mit dem First-Class-Passagier Löw am Montag planmäßig um 12.30 Uhr in Wien landen.