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Hunger in Wien

Dutzende neue Lokale in Wien: Ohne Reservierung läuft aber nichts. Wir dürften ordentlich Hunger haben.

Mag. Leila Al-Serori
über den Wiener Lokalboom

Wissen Sie wie viele neue Lokale in Wien seit Jahresbeginn aufgemacht haben? Über 50. Zumindest ist das die Zahl der Neueröffnungen, die es in die Liste meiner Genuss-Kollegin Anita Kattinger geschafft haben. Die Dunkelziffer dürfte weit darüber liegen. Kein Wunder, dass ich da den Überblick verloren habe.

Und trotz des Lokalbooms läuft ohne Reservierung gar nichts. Wir Wiener dürften einen ordentlichen Hunger haben. Ich selbst ertappe mich dabei, öfter als früher Essen zu gehen. Es gibt ja so viele neue Plätze zum Ausprobieren.

Neuester Hotspot am Gastro-Himmel: der Volkertmarkt im zweiten Bezirk. Dieser ist, anders als Nasch- oder Karmelitermarkt, noch authentisch – Touristen verirren sich keine hierher. Der Fleischer ist ein Burgenland-Kroate, die Lebensmittelläden sind in türkischer oder jüdischer Hand. Tagsüber sitzen Familien am Platz, trinken Cay aus Thermoskannen, tratschen, die Kinder spielen.

Bisher war das Grätzel zwischen Augarten und Praterstern ein vernachlässigter Teil der Leopoldstadt. Das ändert sich nun: Das Viertel ist im Kommen, die Häuser bekommen bereits Dachausbauten (untrügliches Zeichen der Gentrifizierung!).

In den neuen Lokalen sitzen die ersten Hipster, trinken Minzlimonade im Schanigarten. Zum Beispiel im entspannten Marktcafé Nelke mit seinen Retromöbeln. Das Frühstück kommt vom Osten inspiriert daher: gefüllte Eier, russischer Salat, Paprikasalami.

Ganz neu: Das Automat Welt. Ein sanft modernisiertes Beisl, in dem es seit der Eröffnung im März schwierig ist, einen Tisch zu bekommen. Auf der Karte stehen Gulasch und Schnitzel, aber auch neu interpretierte Klassiker wie Frankfurter aus Weidebison. Mitten im Raum thront ein Billardtisch.

Sehr empfehlenswert auch die katalanische Tapas-Bar L’Ase. Ein zwinkernder Esel (Ase) als Symbol Kataloniens begrüßt die Gäste. Dazu gibt es Kroketten, Calamares und natürlich Crema Catalana.

Puh, alleine am Volkertmarkt drei besuchenswerte Lokale. Zeit, wieder Hunger zu bekommen.

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