Meinung/Kolumnen/Stadtgeflüster

Street Food-Grant

Liebes Wien, liebe Privatiers! Street Food geht anders.

Julia Schrenk
über die Wiener Street-Food-Szene

Ich verbrachte unlängst den tollsten Urlaub überhaupt. In Kopenhagen. Das hatte vor allem einen Grund: Das gute Essen.

Auf der Papierinsel Papirøen etwa hat sich ein feiner ganzjähriger Street-Food-Markt mit Speisen aus aller Welt etabliert. Was die positive Folge hatte, dass ich meine überaus liebenswerte Begleitperson nicht, wie sonst immer im Urlaub, wegen plötzlich auftretenden Futtergrants und einer fehlenden, sofort verfügbaren Ess-Möglichkeit zu Unrecht beflegelt habe (das Phänomen „Hangry“ – von „hungry“ und „angry“ – wurde übrigens auch schon wissenschaftlich erforscht: Wir Futtergrantler sind deshalb so grantig, weil unser Blutzuckerspiegel zu niedrig ist! Und es tut uns auch Leid!).

Wien hat keinen ganzjährigen Street-Food-Markt. Und das ist insofern schade, als die gesamte Street-Food-Szene ohnehin ordentlich zu kämpfen hat. Die Stadt überschüttet die Standler, die ihre Speisen mit hochwertigen, meist regionalen und Bio-Produkten zubereiten, mit bürokratischen Auflagen. Sie erlaubt das Verkaufen von Essen im öffentlichen Raum kaum. Oft deshalb, weil das Stadtbild beeinträchtigt würde.

Also weichen die Food Trucks auf privaten Grund aus, Betreiber mieten sich in Street-Food-Festivals ein. Zu teilweise horrenden Standgebühren: Die liegen jetzt, am Höhepunkt der Wiener Street-Food-Szene, oft schon bei 2000 Euro pro Wochenende. Den Strom müssen die Food Trucker dann noch extra bezahlen. Obwohl sie Gefahr laufen, bei solchen bei solchen Festen in ein schlechtes Licht gerückt zu werden: Die Kunden dürfen brav Eintrittsgeld berappen, obwohl neben den Food Trucks mit ihrem Bio-Essen immer öfter auch Lebensmittelketten ihre Fabriksware verkaufen.

Liebe Stadt, liebe Privatiers! Street Food geht anders. Wien sollte sich ein Vorbild an London, San Francisco, L.A. oder Kopenhagen nehmen. Dort ist Street Food ausdrücklich erwünscht. Und das kann, wie wir wissen, nicht zuletzt Futtergrant-bedingte Beziehungstaten verhindern.