Goldenes Wiener Herz
Von Julia Schrenk
Wann haben all die Aufpasser in unserer Stadt verlernt, auch einmal ein Auge zuzudrücken?
über Wiener Parksheriffs
Dass das goldene Wiener Herz nicht für alle schlägt, musste unlängst Kollege N. erfahren.
N. bekommt Nachwuchs und war mit seiner Frau einen Kasten kaufen. Mit den Teilen im Kofferraum fuhr er zurück zur Wohnung. Den einzig freien Parkplatz in der Nähe schnappte ihm ein SUV-Fahrer vor der Nase weg. Notgedrungen sozusagen und im Wissen, dass man das natürlich eigentlich nicht darf, stellte er sich kurz auf den Gehsteigvorsprung vor dem Haus, in dem er wohnt. N.s schwangere Frau blieb im Auto sitzen, um – im Falle des Falles, der Teufel schläft ja nicht – wegzufahren, falls sich jemand beschweren würde.
Ein Freund half N., die Kastenteile aus dem Auto ins Stiegenhaus zu tragen, keine drei Minuten hätte das gedauert.
N. war keine Minute weg, kam tatsächlich eine Frau Parksheriff, stellte sich vor das Auto und begann, einen Strafzettel auszustellen. N.s Frau stieg aus und konnte sich ein "Das ist jetzt aber nicht Ihr Ernst" nicht verkneifen. Die Weißkapplerin blieb unbeeindruckt: "Doch, das ist mein Ernst", sagte sie. N.s Frau versuchte, die Weißkapplerin umzustimmen. "Ich bin schwanger, wir räumen das nur kurz aus und fahren eh gleich weg". Doch Frau Parksheriff blieb hart. Sie füllte den Strafzettel fertig aus und drückte ihn der jungen Frau in die Hand. "Die Übertretung ist bereits passiert. Wegfahren nutzt Ihnen jetzt auch nichts mehr", sagte sie und ging von dannen.
Jo eh. Der Kollege stand mit seinem Auto in einem Halte- und Parkverbot. Aber er war nicht einmal drei Minuten weg, und es ist sogar jemand im Auto geblieben, um wegzufahren.
Jo eh. Rein rechtlich hat die Parkraumüberwacherin natürlich richtig gehandelt, und der Kollege und seine Frau haben sich nicht korrekt verhalten. Aber moralisch betrachtet ist schon die Weißkapplerin die Böse in dieser Geschichte. Wann haben all die Aufpasser in unserer Stadt verlernt, auch einmal ein Auge zuzudrücken? Wenn man zwischendurch einmal nett zu den Mitbürgern ist, schläft es sich sicher auch gleich viel besser.