Eine vermeidbare Tragödie
Von Julia Schrenk
Es braucht eine bessere Kooperation zwischen Polizei, Justiz, Psychiatrie und sozialen Einrichtungen
über die steigende Anzahl an psychisch kranken Obdachlosen
Es war am 4. Mai, als der 21-jährige Francis N. die 54-jährige Maria E. am Wiener Brunnenmarkt mit einer Eisenstange erschlug. Wie sich beim Prozess am Montag herausstellte, war die Attacke auf Maria E. nicht die erste von Francis N. Schon zwei Mal hat er zuvor eine Frau mit einer Metallstange attackiert. Der obdachlose Kenianer litt an paranoider Schizophrenie. Behandelt wurde er nicht: Die Zusammenarbeit zwischen Justiz und Polizei funktionierte nicht.
Das ist besonders bitter. Denn die Zahl der psychisch kranken Obdachlosen in Wien steigt. Und das seit einigen Jahren. Das sagt der Verband der Wiener Wohnungslosenhilfe . Der Fonds Soziales Wien bestätigt diese Tendenz – Zahlen gibt es dazu aber nicht.
Nicht alle Betroffenen bedeuten eine unmittelbare Gefahr für sich oder andere (nur dann kann man zwangsweise in die Psychiatrie eingewiesen werden): Manche sind einsam und beginnen mit der Zeit, mit sich selbst zu reden. Andere sind Messies, die delogiert wurden. Die Quartiergeber und Mitbewohner halten die Menschen mit ihren Auffälligkeiten oft nicht aus. Und die Menschen halten es wiederum mit ihren Auffälligkeiten oft nicht in den Quartieren aus. Also versuchen die Sozialarbeiter beim Streetwork eine Beziehung aufzubauen. Ihr Ziel: Vertrauen zu gewinnen, damit sich die Betroffenen behandeln lassen und wieder Fuß fassen können.
Die Angehörigen des Opfers von Francis N. orteten ein Behördenversagen: Maria E. könnte noch am Leben sein, wenn Justiz und Polizei besser zusammengearbeitet hätten. Dieser Ansicht ist auch der Verband der Wiener Wohnungslosenhilfe. Es braucht eine bessere Kooperation zwischen Polizei, Justiz, Psychiatrie und sozialen Einrichtungen, aber auch adäquaten Wohnraum für psychisch kranke Obdachlose, damit sich der Fall Francis N. nicht wiederholt.