Politik von innen: Wer erfand die "Bremse"?
Von Daniela Kittner
Die Diskussion der Klubobleute am Dienstag Abend am Runden Tisch des ORF war teilweise ulkig. Da wurde gestritten, wer der Erfinder der " Schuldenbremse" sei. SPÖ-Klubchef Josef Cap reklamierte das Patent für die deutsche Sozialdemokratie, BZÖ-Chef Josef Bucher für sich. Die Wahrheit ist: Polen hat als erstes Land in Europa die Schuldenbremse einführte, und zwar schon 1997. Wenn das Land mehr als 60 Prozent Schulden hat, treten automatisch Sparmaßnahmen in Kraft. 2003 folgte die Schweiz. Den Anstoß für die flächendeckende Einführung in der EU gab Deutschland. Es führte 2009 die Schuldenbremse ein und lobbyierte das gesamte Jahr 2011 hindurch: Die EU-Mitgliedsländer sollten zur Bekämpfung der Schuldenkrise allesamt auf die Bremse steigen. Im Februar 2011 akkordierte Frankreich die Schuldenbremse politisch, im Juli ging sie durchs Parlament. Auch Ungarn und Spanien zogen die Bremse, in Portugal und der Slowakei ist sie angekündigt.
In Österreich geht der Siegerpreis ans BZÖ. Es stellte am 15. Juni 2009 erstmals im Parlament den Antrag für eine Schuldenbremse, die für Bund, Länder und Gemeinden gelten soll. Das BZÖ forderte exakt jenen Prozentsatz an Neuverschuldung, der jetzt im Regierungsentwurf steht: maximal 0,35 %. Ausnahme: Krisen. Im April 2011 hatte der Chef des Staatsschulden-Ausschusses, Bernhard Felderer, die Schuldenbremse gefordert. Es folgten ÖVP-EU-Delegationsleiter Othmar Karas und Industrie-Präsident Veit Sorger im August. Bemerkenswert: Kanzler Werner Faymann bewertete bereits am 18. August den deutsch-französischen Vorstoß für eine EU-weite Schuldenbremse "positiv", vorausgesetzt, es gebe nach deutschem Vorbild die Ausnahme, bei Krisen gegenzusteuern. Am 26. Oktober stimmte Faymann im EU-Rat der Schuldenbremse zu. Seitens der ÖVP forderte Klubchef Karlheinz Kopf am 5. September erstmals die Bremse. Am 8. September folgten Finanzministerin Maria Fekter und ÖVP-Chef Michael Spindelegger - exakt an dem Tag, an dem Italien die Bremse bereits einführte. Für die Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung braucht die Regierung zumindest eine Oppositionspartei, und sie setzt dabei zu Recht auf das BZÖ. "Ich würde mich unglaubwürdig machen, wenn ich gegen meinen eigenen Vorschlag stimme", sagte Bucher am Mittwoch dem KURIER. Aber Bucher stellt Bedingungen: Die Schuldenbremse müsse so ausgestaltet sein, dass sie nicht umgangen werden könne. Außerdem will Bucher von der Regierung über die Maßnahmen informiert werden, mit der sie den Schuldenabbau erreichen will: "Die Schuldenbremse soll ja ein Mittel sein, überfällige Reformen anzugehen, und nicht, Steuern zu erhöhen." Die Regierung will die Schuldenbremse noch heuer durch Nationalrat und Bundesrat bringen.