Merkollande in Österreichs Regierung
Von Daniela Kittner
Diese Woche hat sich die Bundesregierung nicht mit Ruhm bekleckert. Sie hat der Außenwelt ein zerstrittenes Bild Österreichs bei der Euro-Rettung dargeboten. In der Öffentlichkeit Italiens, Frankreichs, Deutschlands und sogar im amerikanischen Wall Street Journal wurde berichtet: "Kanzler Werner Faymann wirft sich auf die Seite von Francois Hollande , während sein konservativer Regierungspartner voll auf der Linie Berlins ist." Genüsslich wurde geschildert, dass Finanzministerin Maria Fekter die Politik des neuen französischen Präsidenten "vorgestrigen Unsinn" nennt, während der Kanzler denselben Hollande unterstützt.
Es stimmt schon: Die Frage der Eurobonds, also einer gemeinsamen Haftung der Euroländer für Staatsschulden, spaltet ganz Europa. Die Flügelpersonen sind der Franzose Hollande, der in Eurobonds ein Mittel zur Euro-Rettung erblickt, und die Deutsche Angela Merkel , die das Geld der Deutschen retten will. Der Unterschied zwischen dem Streit in der Eurozone und Österreich ist nur: Österreich hat Merkollande in ein und derselben Regierung. Und bietet deswegen ein merkwürdiges Bild.
Abseits des Polit-Getöses – was sind die sachlichen Argumente pro und contra Eurobonds?
Das wichtigste Pro-Argument lautet: In einer Schuldengemeinschaft würden sich die Euroländer Zinsen sparen, das heißt, die Kapitalgeber, die Banken, würden weniger an den Staatsschulden verdienen als jetzt. In diesem Punkt sind sich SPÖ und ÖVP sogar einig. "Langfristig sind Eurobonds ein gutes Instrument, um Zinsen zu sparen", sagt Vizekanzler Michael Spindelegger zum KURIER.
Die Betonung der ÖVP liegt jedoch auf "langfristig": Zuerst müssten alle Euro-Länder ihre Schulden abgetragen haben, bevor man an eine gemeinsame Schuldenpolitik denkt. Gegen eine zu rasche Einführung von Eurobonds spricht die Befürchtung: politik von innen daniela kittner Sobald das Marktregulativ hoher Zinsen für hoch verschuldete Länder wegfällt, würden sich diese Länder womöglich auf der Bonität der wirtschaftlich gut aufgestellten Länder ausruhen. Oder, wie sich Fekter gestern im Mittagsjournal gewohnt rüde ausdrückte: Für die "maroden" Nachbarn wolle sie nicht die Kredite bezahlen.
Die Eurobond-Befürworter gestehen diese Gefahr ein, halten sie aber für abwendbar. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder : "Deswegen ist ja der Fiskalpakt eine unbedingte Voraussetzung für Eurobonds. Der Fiskalpakt verpflichtet die Euro-Länder zum Sparen."
Auch dass in einer Euro-Schuldengemeinschaft die Zinsen für Länder wie Deutschland und Österreich zumindest kurzfristig steigen würden, gesteht Schieder ein. Sein Gegenargument: "Wenn man die Disparitäten zwischen den Euro-Ländern noch mehr aufreißt, stellt sich die Frage, ob man am Ende nicht über die Rettungsschirme wieder mehr bezahlen muss."
Damit rührt der Staatssekretär an einer Kernfrage: Welches Mittel lässt die Steuerzahler günstiger aussteigen? Kurzfristig höhere Zinsen für Eurobonds? Oder das Risiko, dass immer größere Rettungsschirme nötig und Haftungen vielleicht auch schlagend werden?
Von den vielen Fragezeichen rund um die Eurobonds lässt sich einer nicht beirren: Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl beweist Leadership und spricht sich klar für eine Schuldnergemeinschaft aus, um den Euro "endgültig als Weltwährung zu verankern"; um die "Spekulationen einzudämmen" und "Dutzende Milliarden an Zinsen zu sparen".
Ein Vertrauter des Wirtschaftskammer-Präsidenten erklärt den Hintergrund für Leitls tiefe Überzeugung so: "Christoph Leitl hat das Beispiel USA vor Augen. Dort ist Kalifornien pleite und eine Reihe anderer Bundesstaaten auch. Das wäre ungefähr so, wie wenn in Europa Deutschland pleite wäre. Kein Mensch redet jedoch vom Untergang der USA oder des Dollars. In Europa hingegen ist nur das ökonomisch unbedeutende Griechenland pleite – und seit zwei Jahren wird über das Ende des Euro spekuliert." Mit der Einführung von Eurobonds könne man das Thema Eurokrise beenden.
"Das Thema beenden" würden wohl auch viele Politiker gern. Doch bis Eurobonds eingeführt sind und die erhoffte Wirkung entfalten, dauert es Jahre. Auf jeden Fall länger als bis September 2013, wenn die Niedrigzinsländer Deutschland und Österreich wählen. Bis dahin werden viele Politiker die Steuerzahler gegen die bösen Bonds verteidigen.