ESM dürfte Nationalrat Sommer-Arbeit bescheren
Von Daniela Kittner
Die Euro-Rettung wird nächste Woche den Nationalrat dominieren. Am Mittwoch soll der Nationalrat den permanenten Rettungsschirm ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) und den Fiskalpakt (EU-Sparpakt) beschließen. Für den ESM ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Der grüne Budgetsprecher Werner Kogler gibt nach dem EU-Gipfel in Brüssel grünes Licht: "Wenn sich an den Beschlüssen der Regierungschefs nichts mehr ändert, wovon ich ausgehe, spricht nichts gegen eine Zustimmung der Grünen."
Bei der Finanztransaktionssteuer sei in Brüssel – dank des Einsatzes der Regierung, wie Kogler ausdrücklich lobt – mehr gelungen als erwartet. Im Abschluss-Dokument des Gipfeltreffens steht, dass die EU-Regierungschefs bei ihrem Dezember-Gipfel den Antrag von mindestens neun EU-Ländern auf Einführung der Finanztransaktionssteuer annehmen sollen. Unter den neun Ländern befinden sich alle Schwergewichte der Eurozone wie Deutschland, Frankreich und Italien.
Der Nationalrat wird nächste Woche Österreichs Teilnahme am ESM beschließen, das heißt, es ist lediglich ein Beschluss zur Errichtung des ESM. Jede größere Tätigkeit des ESM wie zum Beispiel die Erstaufnahme eines Landes in eine Rettungsaktion, muss vom Nationalrat extra gebilligt werden. Auch eine Änderung des ESM-Vertrags – etwa neue Finanzinstrumente, die nicht im derzeitigen ESM-Vertrag vorgesehen sind – müssen durch das österreichische Parlament. Werner Kogler und der ÖVP-Abgeordnete Günter Stummvoll rechnen daher mit Sondersitzungen im Sommer. Stummvoll: "Ich weiß nicht, ob allen Abgeordneten klar ist, was die weitreichende Mitbestimmung des Nationalrats bedeutet: Dass man nämlich im Fall des Falles nach Wien eilen muss." Der ESM dürfte – wenn Deutschland und Italien ihn ratifiziert haben – ab Mitte Juli funktionstüchtig sein. Gut möglich, dass noch im Sommer Ländern wie Zypern oder Spanien Hilfe gewährt wird – und der Nationalrat zusammentreten muss. Insbesondere der neue, ständige ESM-Unterausschuss muss in Bereitschaft sein. Stummvoll: "Ich würde jenen sechs Kollegen, die in diesen Ausschuss gehen, raten, ihren Urlaub in einem Zelt nahe dem Parlament zu verbringen." Stummvoll urlaubt im Waldviertel: "Ich bin in eineinhalb Stunden in Wien."
Der Fiskalpakt ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der am Mittwoch mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP beschlossen wird. Die Opposition bekämpft ihn mit vereinten Kräften. Die Grünen haben ein Gutachten in Auftrag gegeben, das beweisen soll, dass der Fiskalpakt die nationale Budgethoheit beeinträchtigt. Sobald das Gutachten fertig ist, wollen Grüne, FPÖ und BZÖ gemeinsam mit einem Drittel der Abgeordneten den Verfassungsgerichtshof anrufen. Das wird dem KURIER in allen drei Klubs bestätigt. Das Höchstgericht soll dann klären, ob der Fiskalpakt mit der Budgethoheit vereinbar ist. Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk sagt: "Formaljuristisch bleibt die Budgethoheit des Parlaments durch den Fiskalpakt unangetastet." In der Praxis sei der EU-Druck aber stark, sich an den Pakt (Defizitgrenzen, Schuldenabbau) zu halten.