Ein Symptom für den traurigen Zustand der ÖVP
Von Daniela Kittner
Im Ecofin hat sie sich ruiniert“, hieß es am Dienstag – mit entsprechendem Entsetzen – in EU-affinen ÖVP-Kreisen. Es wird ihr weniger angelastet, dass sie dem Luxemburger Jean-Claude Juncker die Show gestohlen hat, sondern vielmehr, dass sie dessen Ärger damit erklärte, dass Juncker von Nierensteinen geplagt werde. Kaum war die Aufregung über Fekters Fauxpas in Kopenhagen abgeklungen, knallte sie den Landeshauptleuten und dem Gemeindebund einen Stabilitätspakt auf den Tisch, der der Bundesregierung das Gesprächsklima mit den Ländern zusammenhaut – und das wenige Wochen vor einer entscheidenden Bund-/ Länder-Klausur. Das Vorpreschen Fekters mit drastischen Sanktionen für Budgetsünder war mit entscheidenden Stellen der Bundesregierung nicht abgesprochen, so sollen davon Kanzler Werner Faymann und SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder erst erfahren haben, als Fekters Vorschlag schon auf dem Weg zu den Landeshauptleuten war.
Die Fettnäpfchen der Finanzministerin sind nur die sichtbaren Zeichen eines Problems, das in Wahrheit viel tiefer geht. Die ÖVP sinkt in den Umfragen auf einen historischen Tiefstand, sie hat derzeit nur mehr knapp einen Zweier vorne. Damit liegt sie deutlich unter den ohnehin schon blamablen 26 Prozent, die sie bei der letzten Nationalratswahl erreichte. Noch dramatischer: Mit so einem Ergebnis könnte die ÖVP ihr Regierungsticket verlieren, wenn Rot-Schwarz keine regierungstaugliche Mehrheit im Nationalrat mehr bekommt. Auch in den Ländern steigt die Nervosität. Ab nächstem Jahr beginnen wieder die Landtagswahlen, und erfahrungsgemäß schlägt ein negativer Trend im Bund auch auf die Länder durch. Es gibt zwar eine Spreizung zwischen Bundes- und Landesergebnis, aber die lässt sich nicht endlos dehnen. Folge des traurigen Zustands der ÖVP: Es beginnen die Überlegungen, wie man den Trend stoppen könnte.
Die Analyse lautet: Fekter nutze die ideale Bühne, die ihr das Finanzministerium bietet, nicht, um der ÖVP Wirtschaftskompetenz zu verleihen. Und die Wirtschaft ist nicht nur eine Kernkompetenz der ÖVP, sondern auch das letzte Feld, auf dem die Bürgerlichen deutlich vorne liegen. Tatsächlich haben die bisherigen Finanzminister mit wenigen Ausnahmen stets gute Beliebtheits- und Kompetenzwerte erreicht, Fekter hingegen balgt sich mit dem glücklosen Norbert Darabos um den letzten Platz. Andreas Schieder, ihr Staatssekretär, werde schon mehr als heimlicher Finanzminister wahrgenommen als sie selbst, heißt es in der ÖVP. Mit ihrem Auftritt beim Ecofin habe sie nun auch noch die EU-Kompetenz der ÖVP beschädigt. All dies zusammen führt dazu, dass in Wirtschaftskreisen, aber auch an zentralen Stellen der ÖVP über eine Regierungsumbildung nachgedacht wird. Fekter solle durch einen kompetenten Wirtschaftsfachmann ersetzt werden, heißt es, damit die ÖVP zumindest wieder in die Nähe des letzten Wahlresultats kommt. Es fallen auch Namen wie der des Nationalbank-Präsidenten Claus Raidl.