Das große Rechnen auf ÖVP-Boden
Von Daniela Kittner
Unlängst im Fernsehen bei Liebesg’schichten und Heiratssachen von Toni Spira . Der Heiratskandidat, ein flotter Noch-Nicht-Fünfziger, gibt als Beruf Frührentner an, köpfelt dann elegant in einen Teich und krault sportlich durchs Wasser.
Einige Tage später ist die Sendung Gegenstand von Tratsch auf höchster Ebene: Minister erzählen von heißgelaufenen Telefonen und voller Mailbox. Scharen verärgerter Bürger hätten sich über den allzu großzügigen Umgang mit Sozialleistungen beschwert. Das sei jedes Mal so, wenn ein flotter Frührentner im TV vom Jakobsweg schwärmt, berichten Minister im kleinen Kreis.
Episoden wie diese tragen nun dazu bei, dass die Regierung den Zugang zu Frühpensionen verschärft. Invaliditätspensionen soll es für unter Fünfzigjährige nicht mehr geben. Für die Eisenbahner wird die Frührente gestrichen. Generell sind sich SPÖ und ÖVP einig, dass das Pensionsantrittsalter steigen muss. Das betonte Sozialminister Rudolf Hundstorfer gestern am Rande der Verhandlungen.
Während die SPÖ der ÖVP bei den Frühpensionen entgegen kommt, gibt die ÖVP bei den Steuern nach. Vizekanzler Michael Spindelegger bekräftigte, dass sich die ÖVP bei Steuererhöhungen bewegen werde. Es werde einen Kompromiss geben.
Bis 2016 will die Regierung ein Sparpaket im Umfang von 10 Milliarden Euro umsetzen. Der Großteil soll durch Einsparungen aufgebracht werden, ein Teil durch höhere Steuern. Der Prozess zur Erarbeitung des Sparpakets sieht so aus: Die Regierung hat fünf Arbeitsgruppen gebildet:
Steuern und Einnahmen Ihr gehören Andreas Schieder und Josef Ostermayer (SPÖ) sowie Maria Fekter und Reinhold Mitterlehner (ÖVP) an.
Verwaltung und öffentlicher Dienst Hier verhandeln Gabriele Heinisch-Hosek und Andreas Schieder (SPÖ) mit Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).
Gesundheit SPÖ-Minister Alois Stöger und ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf suchen zwei Milliarden.
Über Pensionen verhandeln die Minister Hundstorfer und Mitterlehner.
Förderungen und staatliche Unternehmen (ÖBB) werden von Schieder und Fekter bearbeitet, wobei je nach Thema die zuständigen Minister dazu stoßen, etwa Verkehrsministerin Doris Bures bei den ÖBB oder Niki Berlakovich bei der Landwirtschaft.
Am Sonntag und Montag haben die fünf Arbeitsgruppen Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Spindelegger ihre bisherigen Ergebnisse berichtet; laut KURIER-Recherche Sonntag in der Politischen Akademie der ÖVP, am Montag in der Julius-Raab-Stiftung. Die vorgeschlagenen Maßnahmen wurden mit dem Know-how der Beamten des Finanzministeriums durchgerechnet. Man überprüfte, ob sie den gewünschten Spareffekt bringen oder ob vielleicht noch mehr Sparpotenzial vorhanden sei.
Die Regierung berechnete außerdem den Spareffekt von Strukturmaßnahmen: Wie viel bringt eine Maßnahme im ersten, im zweiten oder im fünften Jahr?
Jetzt wird politisch abgewogen: Strukturänderungen wirken erst später, dafür wird ihr Spareffekt mit der Zeit größer, und der Bund muss das gesparte Geld nicht mit den Ländern teilen. Steuererhöhungen wirken schneller, aber der Bund muss ein Drittel der neuen Steuern gleich wieder an die Länder abtreten.
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