Kolumnen/Ohrwaschl

Wir Weltbeobachter

Es ist so leicht, sich abputzen – in einer Zeit der elektronischen Meinungsabsonderung. Es ist so einfach, Engagement vorzutäuschen – in einer Welt, in der jeder schnell den Finger auf „Liken“ oder „Teilen“ legt, statt ihn in tatsächliche Wunden zu legen. Und wer hat überhaupt noch Wunden? Wer ist verwundbar geblieben unter uns abgeklärten Weltbeobachtern? Die doch nur ihre Computer und Smartphones beobachten, während die Welt an ihnen vorüberzieht? Die sich echauffieren statt involvieren?

Wir sind zu Conferenciers des Lebens, des Scheiterns der anderen geworden, zu Passiv-Aufmüpfigen. Statt selbst teilzuhaben, uns vorzuwagen, ein Risiko einzugehen, das über das „Liken“ eines vorlauten Kommentars hinausgeht.

Wir trauern in Foren, die unpersönlicher nicht sein könnten. Wir machen uns halbstark für Opfer, deren Leid wir nicht im Geringsten fühlen können. Fühlen wir überhaupt noch etwas? Außer dem dringenden Impuls, vom Spielfeldrand aus Kommentare abzugeben, Urteile zu fällen, Belehrungen vorzunehmen? Leben wir noch?