Meinung/Kolumnen/Ohrwaschl

Rekorditis

Mit den läppischen fast 40 °C gab sich eine andere Zeitung erst gar nicht ab

Andreas Schwarz
über das Nachrichtengeschäft

Das gefährliche an der Sucht ist ja die Gewöhnung. Weshalb es zur Aufrechterhaltung des Suchtgenusses die Steigerung braucht.

Im Nachrichtengeschäft ist das die Rekorditis: Ein bisserl kältere Wintermonate sind „Rekordwinter“, jedes flottere Lüfterl ist ein „Orkan“, und wenn’s des Sommers sommert, reden wir von „Jahrhundertsommern“.

„Sonntag fällt der Hitzerekord“, titelte ein Blatt am Samstag, um am Sonntag zu fragen „Fällt heute der Hitzerekord?“. Worauf, als er nicht fiel, unsere Zeitung einen Kompromiss fand: „Kein Hitzerekord, aber Rekordhitze“. Mit den läppischen fast 40 °C gab sich eine andere erst gar nicht ab: „57,7 Grad auf der Jedermann-Bühne“ – das soll mal wer toppen.

Ein Alarmismus-Blatt, das sich jüngst den guten Seiten des Lebens verschrieb, toppte bei einem anderen Thema: „Tourismus-Rekord: Die ganze Welt kommt nach Wien“. Die ganze? – Das ist ein Weltrekord für die Ewigkeit. Es sei denn, die Außerirdischen kommen noch. Aber denen ist es hier angesichts der Hitzerekorde eh zu heiß.