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Opern-Leben

Der Beweis wie zeitgemäß, relevant und lebensnah das uralte Genre Oper sein kann.

Gert Korentschnig
über "Orfeo ed Euridice" bei den Wiener Festwochen

Diese Produktion wird in Wien nicht mehr zu sehen sein – was diesfalls sogar gut ist, weil sie als einzigartig im Gedächtnis bleiben soll. Wer sie – in anderer Form, nämlich in der Fassung von Berlioz – noch erleben will, muss ab 16. 6. zum Koproduktionspartner nach Brüssel pilgern. Dennoch sei es gestattet, noch einmal darauf hinzuweisen, was in der Anfangsphase der Wiener Festwochen stattfand: Ein Opernerlebnis, ja ein Opern-Leben, das es so noch nie zuvor gegeben hat. Wir reden hier von Glucks „ Orfeo ed Euridice“, der ersten Opernproduktion des neuen Festwochen-Intendanten Markus Hinterhäuser, der damit eine inhaltliche Ansage machte, wie sie intensiver nicht ausfallen hätte können.

Romeo Castellucci, der Regisseur, kombinierte die Handlung der Oper – Orpheus will seine Geliebte aus dem Schattenreich zwischen Leben und Tod zurückholen – mit der wahren Geschichte einer jungen Komapatientin. Das ist zutiefst berührend, nicht im Geringsten voyeuristisch, sensibel, bei den Liveschaltungen ins Krankenhaus technisch brillant umgesetzt, von Bejun Mehta phänomenal gesungen und vom Orchester B’Rock exemplarisch musiziert. Ähnliches hat man schon in manchen Kritiken gelesen, dennoch ist es wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen: Weil dieser „Orfeo“ der Beweis ist, wie zeitgemäß, relevant und lebensnah das uralte Genre Oper sein kann. Es kommt nur auf die richtigen Zugänge und Konstellationen an.