Eingefangener Revolutionär
Von Georg Leyrer
Bob Dylan, der eingefangene Revolutionär.
über den Literaturnobelpreis.
Wer es noch nicht mitbekommen hatte, weiß es jetzt: Die Revolution, die einst die Rockgrößen ausgerufen hatten, ist vorüber. Das ist kein Lamento, das ist ein alter Hut, so einer, wie Bob Dylan ihn oft aufhat: Die Populärkultur hat damals einen großen Generationenwandel ausgerufen - und ist längst die Siegerkultur geworden. Der Literaturnobelpreis für den einstigen Folk-Revolutionär Bob Dylan ist da nur der letzte Holzhammer für all jene, die noch Berührungsängste haben oder Popkultur als minderwertig abtun.
Hochkulturiger als bei Dylan wird es eh nicht: Ein halbes Jahrhundert bereits hat er mit seiner Musik die Menschen erreicht, mit seinen Texten aber eine ganze, eigene Welt geschaffen. Die haben eine Wirkungsmacht entwickelt wie kaum ein anderes literarisches Oeuvre, und das wurde nun ausgezeichnet.
Einwände? Klar. Es wird nicht alle Literaten freuen, es gibt außergewöhnliche Autoren, die vergeblich auf den Literaturnobelpreis warten. Und man muss der schwedischen Akademie zu Gute halten, dass sie Dylans Texte überhaupt verstanden haben, so wie der nuschelt. Dass aber Poesie vor allem in der Popmusik die Menschen erreicht, dass etwa auch Bruce Springsteen einer der wichtigsten Arbeiter-Dichter des vergangenen Jahrhunderts ist, muss man nicht mehr feststellen.
Bob Dylan, Nobelpreisträger: Mit der Auszeichnung, noch dazu justament während des Desert Trip Festivals ausgesprochen, endet, auf seine Art, der Traum der Rockmusik von einer besseren, freieren Welt. Aus dem sind wir aber ohnehin längst aufgewacht, und haben gemerkt: Hoppla, das ist keine Revolution mehr, das ist Kunst.