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Der Sotschi-Sopran

Darf Netrebko das? Ist es akzeptabel, wenn sie sich in den Dienst von Putin stellt? Selbstverständlich.

Gert Korentschnig
über Anna Netrebkos Auftritt in Sotschi

Reden wir auch an dieser Stelle kurz über die olympische Hymne, auch wenn der Name des Komponisten, Spyros Samaras, nicht einmal allen Musikliebhabern geläufig ist.

Dieses Werk wurde für die ersten Spiele der Neuzeit, 1896 in Athen, geschrieben und erklang seit 1964 bei allen Eröffnungen. Es ist ein schwülstiges Stück, mit Fanfaren, die an Wagner erinnern und den Hörer hoffen lassen, dass das Vorspiel endlich im Hochzeitsmarsch aus „ Lohengrin“ mündet (was leider nicht passiert). Samaras war ein Spätromantiker, der immer mehr Richtung Verismo tendierte und sogar eine Oper an der Scala herausbrachte.

Warum uns das heute interessieren sollte? Weil diese Hymne in Sotschi von Anna Netrebko gesungen wurde. „Wir sind Olympia“, war in Postings zu lesen – in zynischer Anspielung auf Netrebkos österreichische Staatsbürgerschaft.

Bestimmt wird wieder die Diskussion einsetzen: Darf Netrebko das? Ist es akzeptabel, wenn sie sich in den Dienst von Putin stellt, nachdem sie ja schon in einem Künstlerkomitee für ihn aufgeschienen war? Selbstverständlich. Netrebko ist die größte lebende Sängerin, künstlerisch aufgewachsen in Putins Heimatstadt St. Petersburg. Sie wird es als Ehre empfunden haben, bei diesem Weltereignis aufzutreten, und nicht als politisches Statement.

Und der Schachzug von Putin ist ebenso genial wie jener mit t.A.T.u., den mit lesbischer Liebe kokettierenden Popsängerinnen.