Sind ja irgendwie auch selber schuld
Von Doris Knecht
Sind ja irgendwie auch selber schuld.
über den 'Tatort' vom Sonntag
Kaum auszuhalten: der „Tatort“ vom Sonntag. Dennoch hatte er, verdienterweise, hohe Einschaltquoten: Fast 900.000 sahen dort eine, wie ein Kriminalist im KURIER bestätigte, realistische Darstellung von Prostitution und Frauenhandel in Wien. Rund 6000 Prostituierte gibt es, 3000 davon illegal, viele davon werden zur Prostitution gezwungen.
Das Tatort-Publikum weiß jetzt, dass das Innenministerium zur Bekämpfung der Zwangsprostitution in Wien genau sechs Ermittler einsetzt. Sechs. Eine Zahl, die gestern auf Ö1 von einem Polizeigewerkschafter bestätigt wurde, ebenso, dass es vor fünf Jahren noch 36 Ermittler waren. Jetzt: sechs. Das ist ein beschämender Ausdruck dafür, wie egal uns das Leid, die Qualen, die Schicksale von Zwangsprostituierten sind.
Sechs. Im Vergleich dazu eine andere Zahl: 2400. So viele Beamte kümmern sich in der Fremdenpolizei darum, dass Österreich umfassend vor Flüchtlingen und illegalen Einwanderern geschützt wird, dass gegen verzweifelte Asylsuchende möglichst effizient vorgegangen, dass auch jeder nicht legale Immigrant umgehend in Schubhaft gesteckt und/oder einem völlig undurchschaubaren, unberechenbaren und inhumanen Fremdenrecht zugeführt wird.
Sechs Ermittler dagegen kümmern sich um das Leid von Frauen und Mädchen, die mitten unter uns mit Gewalt und Drohungen in illegalen Bordellen zum Sex mit Fremden gezwungen werden. Sechs, das sagt: Ist ja nicht so schlimm. Sechs: Selber schuld; wären sie nicht so dumm gewesen, sich herlocken zu lassen, müssten sie jetzt nicht anschaffen. Sechs: Geschieht ihnen doch irgendwie recht. Sechs: Mehr sind sie nicht wert.
Es muss hier auch wieder einmal auf die schändliche Tatsache hingewiesen werden, dass Asylwerber in Österreich nicht arbeiten dürfen: außer als Erntehelfer und als Prostituierte. Sex-Arbeit, bitte, die nehmen wir gern.
Das passt alles gut zusammen. Es heißt immer, Österreich sei ein zivilisiertes Land. Mitunter zweifelt man daran.