Wir Smartphone-Krüppel
Von Doris Knecht
Alle starren ständig auf ihre Smartphones, mailen, twittern, spielen, smsen.
über ein Suchtverhalten
Verzeihen Sie mir bitte meine Wortwahl, aber es muss jetzt einfach einmal raus: dieses verfluchte Smartphone.
Dabei bin ich keine Technik-Verächterin. In unserer Wohnung gab es einen Computer, als es noch zirka 35 Minuten dauerte, ihn hochzufahren. Ich besaß, angefangen vom Classic-Würfel, praktisch jedes Gerät jeder Apple-Generation (auch den wunderschönen zweifärbigen Laptop, meiner: orange.) Ich war Blackbox-Userin, ich habe eine der ganz frühen Telekom-eMail-Adressen. Ich hatte ein Handy, das nur unwesentlich kleiner war als die Nietzsche-Gesamtausgabe von dtv, zu einer Zeit, als noch die meisten Leute der Ansicht nachhingen, dieses Tralala sei eine reine Modeerscheinung und werde, wie das Tamagotchi, schon übernächstes Jahr vergessen sein. Das erste technische Gerät, das ich jahrelang verweigerte, war das Smartphone.
Zu Recht. Denn seit ich ein iPhone habe, bin ich vollkommen abhängig davon. Wenn ich es fünf Minuten nicht finde, werde ich nervös, als werde genau in diesen fünf Minuten eine Nachricht eintreffen, die mein Leben verändert. Das Einzige, das mich dabei nicht wie Vollidiot aussehen lässt, ist der Umstand, dass ich mit dieser Sucht nicht allein bin. Alle sind süchtig. Alle starren ständig auf ihre Smartphones, mailen, twittern, spielen, smsen.
Und ja: Es gibt schlimmere Arten, seine Zeit zu verbringen. Aber auch bessere: eine Zeitung lesen, eine aus Papier, ein Buch, sich unterhalten, sich auseinandersetzen.
All das verkümmert durch die Smartphones und verkrüppelt unsere Heranwachsenden. Der KURIER berichtete am Freitag über eine Initiative, Handys und Smartphones künftig gesetzlich aus den Schulen zu verbannen. Das ist hundertprozentig unterstützenswert, das sollte sofort umgesetzt werden. Eine Schülerin sagte dem KURIER: "Ohne Handy fühle ich mich leer."
Ja, genau. Wenn Kinder und Erwachsene wieder lernen, diese Leere mit etwas anderem auszufüllen als mit einem Smartphone: Das ist nichts als gut.