Und lauer, dunkler Luft weicht

Alle stöhnen über die Hitze, nur wir nicht. Wir erinnern uns an den endlosen Winter und daran, wie er uns deprimierte und wir freuen uns, dass es heiß ist, so lange schon und heiß bleibt. Hitze? Gut!

Sie macht kalte Seen warm. Sie macht die Luft sonnenschirmbunt. Sie macht, dass die Wäsche im Nu trocken ist. Sie lässt das alte Schleckeis aus dem Tiefkühlfach verschwinden und schafft Platz für neues. Sie macht, dass der weiße Gspritzte noch besser schmeckt als eh schon. Sie hält einen davon ab, jetzt schon Wintermode zu bestellen. Sie macht die Brombeeren in einem einzigen Tag süß. Und die Marillen. Sie macht Lust auf Kirschen. Sie macht, dass man sonst nicht so viel Hunger hat. Sie macht jedes Lüfterl schön. Sie macht, dass man sich auf und über Regen freut, warmen Sommer-Regen, der in dicken Tropfen die heiße Haut abkühlt. Sie macht die Paradeiser rot. Sie ist eine gute Ausrede: für Faulheit, für Uninspiriertheit, für kleine Fehler, die einem unterlaufen: die Hitze ist schuld, man kann gar nichts dafür!

Sie ist demokratisch und gerecht: jedem ist heiß. Sie spart Brennholz. Sie macht duschen sinnlos; man schwitzt ja eh gleich wieder. Sie macht duschen zum Vergnügen. Sie macht weniger Wespen und vertreibt die Nacktschnecken. Sie macht die Stadt leer, sie macht, dass es auf einmal genug, ja zu viele Parkplätze gibt. Sie macht Schatten wertvoll und Gummiringerl, um die heißen Haare hochzubinden und Flipflops auf heißem Sand und Beton. Sie macht dankbar für Wasser: für Seen und Flüsse, für Freibäder und Pools. Und für kalt gefüllte Badewannen. Und für schattige Spielplätze, die geöffnet haben, bis es endlich etwas kühler wird.

Und sie macht dankbar dafür, dass es irgendwann Abend wird und Nacht: Dass die heiße Sonne untergeht und lauer, dunkler Luft weicht, in der man endlich wieder zu Atem kommt, die den Schweiß trocknet und für ein paar Stunden den Kopf klar macht. Bis morgen, wenn es wieder heiß ist.

Zum Wetter auf KURIER.at