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Tagebuch hilft

Fremdschämen über sich selber, sozusagen.

Guido Tartarotti
über die Sendung "Liebes Tagebuch".

Drei Folgen gab es erst von „Liebes Tagebuch“, und schon jetzt fragt man sich, wie man je ohne diese Sendung leben konnte. Das Konzept des „Tagebuch-Slam“ – in kleinen Theatern längst erprobt – funktioniert auch im Fernsehen perfekt: Sehr junge bis alte Menschen lesen aus alten Tagebüchern vor, und der Spaß resultiert aus der Spannung zwischen den intensiven Gefühlen von früher und der Peinlichkeit, welche die Tagebuchschreiber meist heute darüber empfinden.

Das kennt ja auch jeder: Die Schwierigkeit, sich mit dem eigenen Ich von vor fünf, zehn, 20 oder 40 Jahren zu identifizieren. Fremdschämen über sich selber, sozusagen. Gleichzeitig stellt man auch erleichtert fest, auf welch unbedeutende Kleinheit die Zeit Katastrophen zusammenschrumpfen ließ, von denen man einmal glaubte, dass man sie kaum überleben könne.

Erkenntnis: Man hätte selber Tagebuch schreiben sollen, dann könnte man heute noch besser über sich lachen. Oder zumindest ins Fernsehen.