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Durch die Welt ...

Sprach er auf Deutsch, wurde er nachsichtiger.

Guido Tartarotti
über die Weisheit von Frederic Morton.

Der große österreichisch-amerikanische Schriftsteller Frederic Morton starb unlängst im Alter von 90 Jahren. Der ORF zeigte deshalb Andrea Eckerts Dokumentarfilm „Durch die Welt nach Hause“. Morton erzählt darin von seiner Kindheit als Fritz Mandelbaum in Wien-Hernals, von der Verfolgung, der seine Familie ausgesetzt war und der Flucht in die USA, die jäh seine Kindheit beendete. Morton erwies sich in diesen Gesprächen als hellsichtiger und bei aller Sanftmut unerbittlicher Analytiker des menschlichen Wesens.

Interessant: Sprach Morton in seiner Muttersprache Deutsch, war er nachsichtiger, wechselte er in seine Schriftstellersprache Englisch, wurden seine Sätze schärfer, aber auch präziser. Auf Englisch verwendete er nur wenige deutsche Begriffe: Reichssporttag, Anschluss, Kristallnacht, Gauleiter. In einem englischen Umfeld klangen diese Nazi-Sprachblähungen noch lächerlicher und absurder.

Muss man extra dazusagen, dass der ORF diesen großartigen, wichtigen Film um 0.10 Uhr zeigte?