Meinung/Kolumnen/Im Bild

Drei Bildschirme

Medienkonsument heute: ein anstrengender Nebenberuf.

Guido Tartarotti
über Putsch live.

Als „schwierigen Nachrichtentag, auf beiden Seiten des Fernsehers“ beschrieb Rainer Hazivar (der, wohl urlaubsbedingt, ZIB1 und ZIB2 moderierte) den Freitag. Und das war vorsichtig ausgedrückt.

Die Medienpsychologie spricht den Nachrichtensendungen in Krisenzeiten eine beruhigende Funktion zu. Dadurch, dass das Geschehen abgefilmt, besprochen, eingeordnet wird, verliert es einen Teil seines Schreckens. Wir wissen zwar, dass die freundlichen Leute im Fernsehen genauso hilflos sind wie wir, aber indem sie die Dinge sachlich besprechen, vermitteln sie uns das Gefühl: Die haben das im Griff. So ist die klassische Funktion des Anchorman: Gehen Sie ruhig schlafen, wir passen schon auf.

Beim Putschversuch in der Türkei zeigte sich die moderne Arbeitsteilung: Die großen Sender brachten Sondersendungen, veränderten aber das Programm kaum (wofür sie auch kritisiert wurden). Botschaft: Wenn es etwas Wichtiges gibt, sagen wir es Ihnen, derzeit wissen wir nichts, was es rechtfertigt, „Columbo“ zu unterbrechen. Die Nachrichtensender wie CNN und (hervorragend gut!) Al Jazeera sendeten nonstop, konnten aber oft auch nur sagen, dass sie nichts wussten, das aber dafür live.

In den sozialen Medien, vor allem auf Twitter, war man mitten im Geschehen. Und wie das so ist, mitten im Geschehen: Man sah alles aus der Nähe, aber nichts im Überblick. Wer sich ein halbwegs gutes Bild machen wollte, musste drei Bildschirme parallel im Auge haben. Medienkonsument heute: ein anstrengender Nebenberuf.