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Dramatisch.

Dramatisch!

Guido Tartarotti
über Bestzeiten und Weisheiten.

Wenn man jahrelang Skirennen kommentiert, steht man irgendwann vor dem Problem, dass man alles schon gesagt hat. Man hat z. B. schon Hunderte Male eine Bestzeit beschrieben: eine tolle, eine ausgezeichnete, eine volle Kanne supere Bestzeit ...

Will man hier als Kommentator die Spannung aufrecht erhalten, heißt es, kreativ sein. Und daher sagte Thomas König, als Alexis Pinturault in Val d’Isère mit einem Vorsprung von 1,60 Sekunden auf Mathieu Faivre durchs Ziel fuhr: „Das ist eine dramatische Bestzeit!“ Vielleicht erkennt ja Peter Turrini oder Elfriede Jelinek das dramatische Potenzial der Bestzeit und schreibt ein Stück über sie, mit Nicholas Ofczarek als Pinturault, Joachim Meyerhoff als Faivre und Christoph Waltz als Zwischenzeit.

Weniger moralisch gefestigt ging es beim Damen-Rennen in Sestriere zu. „Da wird sie gleich spitz beim nächsten Rechtsschwung“, rief Ernst Hausleitner, als Nina Löseth fuhr. Dass sie zwei Sekunden später ausfiel, kann man auch als Antwort darauf werten.

Und damit genug geblödelt. Im ORF-Jahresrückblick hielt die großartige Lotte Tobisch („Wenn man so alt ist wie ich, kann man sich nur wundern“) ein beeindruckendes Plädoyer für Frieden und Respekt. Noch kann man das in der TV-Thek anschauen, eigentlich sollte man DVDs davon an Schulen schicken. Entscheidender Satz: „Man muss den anderen doch achten, auch wenn er eine andere Meinung hat.“

Das ist ein Satz, den kann man, wenn man will, „dramatisch“ nennen. Oder auch einfach nur: weise.

Guido Tartarottis neues Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" ist am 20. Dezember und am 20. Jänner im Theater am Alsergrund zu sehen, am 11. Jänner beim Satirefestival Schwechat, am 18. Jänner im Kabarett Niedermair und am 17. Februar in St. Pölten, Bühne im Hof.