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13 Minuten statt 96 Stunden

Ein Relikt aus früheren Zeiten gibt es noch: An hohen kirchlichen Feiertagen zeigt der ORF immer 'FeierAbend'

Guido Tartarotti
über das ORF-Programm am Karfreitag

Manche werden es bedauern, andere werden froh darüber sein. Tatsache ist: Am ORF-Programm lässt sich kaum noch ablesen, dass Karfreitag ist. Auf ORF2 gab es die obligatorische Schweigeminute um 15.00 Uhr, die originellerweise den Film „Don Camillos Rückkehr“ unterbrach. Außerdem wurde die schon bekannte, aber sehr schöne Dokumentation über den unbeugsamen und unbequemen Bischof Erwin Kräutler gezeigt. Andererseits brachte ORFeins am späten Abend den ganz besonders grausamen (und ganz besonders dummen) Selbstjustiz-Film „96 Hours“, in dem ein eher ältlich wirkender Liam Neeson wahllos und manisch Menschen metzelt, um seine Tochter aus der Händen von Menschenhändlern zu befreien.

Ein Relikt aus früheren Zeiten gibt es noch: An hohen kirchlichen Feiertagen zeigt der ORF immer „FeierAbend“ – Kurzdokumentationen von höchster Qualität, die in irgendeiner Weise das Thema Spiritualität behandeln. Diesmal ging es um die Auseinandersetzung des Schauspielers Klaus-Maria Brandauer mit den Texten und Gedichten des 1945 von den Nazi-Verbrechern ermordeten Theologen und Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer. Das Ergebnis waren 13 Minuten hochwertiges Fernsehen, die einen beinahe vergessen ließen, wie unendlich trübe und geistlos sich das übrige Programm an diesem Tag (und auch an anderen) anfühlte. Hat es Sinn, sich mehr davon zu wünschen? Vermutlich nicht.