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Spiel des Lebens

Eine Veranstaltung wie die Fußball-EM macht etwas mit einer Gesellschaft.

Philipp Albrechtsberger
über die Bedeutung einer EM

Zum Start der EM in Frankreich ist derzeit ein Ex-Fußballer einer der gefragtesten Männer: Lilian Thuram. Weltmeister 1998, Europameister 2000, Rekordnationalspieler der Grande Nation, Gründer einer Stiftung für Gleichberechtigung. Und schwarz.

In einem Interview sagte er einmal: "Ich wurde schwarz, als ich neun Jahre alt war." Bis zu diesem Zeitpunkt lebte er auf den Antillen in der Karibik, ehe er in den Großraum von Paris zog. "Man wird schwarz in den Augen der anderen." Guter Satz, richtiger Satz.

Das Bild vom geeinten, modernen Frankreich nach der erfolgreichen Heim-WM 1998 sei laut Thuram zwar keine Illusion gewesen, aber dennoch stark verzerrt und fürchterlich überzeichnet.

Dazu passt, dass sich der Beginn des deutschen Sommermärchens gestern zum zehnten Mal jährte. Unter dem Slogan "Die Welt zu Gast bei Freunden" entwickelte Deutschland eine Willkommenskultur, ohne die die aktuelle Flüchtlingsfrage wohl anders beantwortet worden wäre.

Wer nun noch einmal zu meinen glaubt, Sport und Politik hätten nichts miteinander zu tun, hat wenig verstanden. Eine Veranstaltung wie die Fußball-EM macht etwas mit einer Gesellschaft. Was wir sehen und im Kollektiv erleben, hält an und setzt sich fest. Sei es der Glaube an die eigenen Fähigkeiten oder ein realistischer Umgang mit einer Aufgabe. Dass Österreich bei dieser EM dabei ist, ist daher nicht nur sportlich wertvoll.