Meinung/Kolumnen/Anstoss

Am Tatort

Auch wenn es „nur“ ein Marathon war, die ganze Welt wurde Zeuge.

Bernhard Hanisch
über Terrorismus und Sport

Alles live, Zuschauermassen, die Zeugenschar nimmt erdumspannende Ausmaße an. Immer größere, um Interesse wetteifernde Sportveranstaltungen wirken wie eine unausgesprochene Einladung auf jeden Attentäter, der in einem Sekundenbruchteil den sportlichen Sieger aus dem Rampenlicht kicken will.

Sport ist Bühne. Eine oft unüberschaubare. Eine, die Emotionen liefert. Aber auch eine, die das Bild der heilen Welt als unverrückbare Kulisse vorschreibt.

Und genau in dieses Szenario platzt die Bombe. Aufsehenerregend und im Zeitalter lückenloser Kommunikation mit beeindruckender, ganz und gar realer Brutalität. Nichts wird schließlich so gern und oft direkt von TV-Sendern und Online-Anbietern global übertragen wie sportliche Wettkämpfe.

Es war ein von grausamer Cleverness gelenkter Schachzug, 1972 München als Tatort für ein medienträchtiges Blutbad auszuwählen. Plötzlich geriet Mord und Totschlag zur olympischen Disziplin. Damals noch ohne Konkurrenz. Denn längst hatten sich sämtliche Kameras der Welt auf das Mega-Ereignis des Sports gerichtet.

2013 ist viel mehr möglich. Auch wenn es „nur“ ein Marathon war, die ganze Welt wurde Zeuge. Detonationen, eine Rauchwolke, zu Boden stürzende Menschen. Immer wieder, zehn Mal, zwanzig Mal, solange man vor dem Nachrichtensender eben verharren will. Das Böse sitzt im Boot, der Sport muss sich damit abfinden.