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Auf dem Nullpunkt

Tradition und Kult nützen nix. Eine Religion ist Rapid auch nicht.

Bernhard Hanisch
über den Neubeginn von Rapid

Rapid steckt in der Krise. Was heißt Krise? Rapid hat sich nach allen Regeln der Kunst blamiert und ist auf einem historischen Tiefpunkt angelangt.

Na und?

Nullpunkt. Das bedeutet – so meint der Trostspender – die Chance für einen Neuanfang. Der SK Rapid, seine Spieler, seine künftigen Betreuer, seine Funktionäre und vor allem seine Anhängerschar bekommen nach einer verdammt harten Landung auf dem Boden der Tatsachen die Möglichkeit, selbige endlich auch zu akzeptieren.

Nein, Rapid ist entzaubert und schon lange nichts Besonderes mehr. Tradition ist nicht verwertbar und ohnehin keine hart erarbeitete Tugend. Der teilweise hysterisch aufrechterhaltene Mythos dient als schöne Erinnerung, als Fluchtversuch aus den immer härter gewordenen wirtschaftlichen und sportlichen Gegebenheiten, in deren Würgegriff selbst die österreichische Bundesliga zappelt.

Nein, Rapid ist weder Religion, noch ewiger Titelanwärter – ein lediglich durch den Namen begründeter, grün-weißer Automatismus.

Das von unglücklicher Personalpolitik, Verletzungspech und Formschwächen gebeutelte Leistungsvermögen des Rapid-Kaders steht offensichtlich klar unter dem eines Tabellenführers. Aus der Regionalliga, sei bösartig hinzugefügt. Weiterentwicklung ist schon längst keine grün-weiße Stärke mehr und nicht nur Trainer Peter Schöttels Schuld.

Hinuntergezogen wurde die sportliche Abteilung zudem von einer Spirale, die sich aus einem Missverhältnis zu gewissen Fankulturen gebildet hat. Lautstarke Attacken musste sich die fehlerhafte Führungsebene samt dem unschuldigen Sportdirektor gefallen lassen. „Raus“-Rufe von Menschen, die für nichts und niemanden Rechenschaft ablegen müssen in diesem Klub. Logisch, weil es verabsäumt wurde, eine klare Trennungslinie zwischen fragwürdiger Verehrung und eigener Verantwortung zu ziehen.