Meinung

Im globalen Dorf ist man aufeinander angewiesen

Wenn Deutschland signalisiert, alle syrischen Flüchtlinge aufnehmen zu können, dann springt diese Nachricht von einem Kontinent zum anderen.

Dr. Martina Salomon
über Globalisierung

Globalisierung ist gut: Sie verringert nachweislich Armut und Hunger in der Welt. Auch wenn große Konzerne oft ein Feindbild sind: Dort, wo sie hingehen, verbessern sich die Lebensumstände. Millionen Chinesen konnten sich dadurch aus dem Elend befreien, auch wenn der chinesische Wachstumsmotor jetzt stottert. Das wiederum hat Rückwirkungen auf den Globus und lässt gerade die amerikanische Notenbank mit einer Zinserhöhung zögern. Die gute Nachricht: Viele Staaten können sich weiterhin billig verschulden. Die schlechte: schleichende Enteignung der Sparer, was wiederum den Immobilien- und Aktienmarkt unnatürlich aufbläst.Mitunter ist Globalisierung richtig böse: Sie hilft Weltkonzernen, Gewinne zu verstecken. Ausgerechnet der jetzige EU-Kommissionschef Juncker muss bekämpfen, was er als luxemburgischer Spitzenpolitiker über Jahrzehnte gefördert hat.

Globalisierung bedeutet aber auch: Wenn Deutschland signalisiert, alle syrischen Flüchtlinge aufnehmen zu können, dann springt diese Nachricht von einem Kontinent zum anderen. Schlepper wissen, wo ihre Kunden die größte Chance auf Aufnahme, Familiennachzug und Sozialleistungen haben, und welche Pässe man dafür braucht. Grenzzäune sind ein hässliches Symbol, aber sie wirken – schon durch die Macht der Bilder. Binnen Stunden ändern sich die Routen, nach Ungarn hat Kroatien ein Problem – das in Wahrheit nur wieder global zu lösen ist und natürlich globale Ursachen hat. Man muss nun auch jene Länder finanziell unterstützen, die wie die Türkei oder Jordanien Zehntausende Flüchtlinge in Lagern sitzen haben. Die EU ist diesbezüglich sehr spät, aber doch aufgewacht.

Obwohl (oder vielleicht weil) kein Land mehr allein agieren kann, hat sich Globalisierungsmüdigkeit breitgemacht. Was geht uns die Welt da draußen an? Wer braucht diese (tatsächlich recht gelähmte) EU? Aber auch das Burgenland war Profiteur der „Transferunion“. Und die Flüchtlingswelle zeigt schonungslos auf, dass kein Land auf sich allein gestellt agieren kann. Nur globale Maßnahmen können uns davor schützen, eine unbewältigbare Zahl von Ärmeren aus anderen Kulturkreisen aufzunehmen. Länder stabilisieren Übrigens begehen wir 2015 das europäische Jahr für Entwicklung. Rund 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht – die meisten bleiben in ihren eigenen Ländern oder in der Nähe. Reiche Staaten müssen sich wohl noch mehr darum kümmern, dass die Menschen in ihren Herkunftsländern Zukunftsperspektive haben. Jeder Euro, der ausgegeben wird, um Länder wie Libyen zu stabilisieren, hilft auch uns und hat – ganz ohne Zynismus – die zehnfache Wirkung eines Euros, der hierzulande für Flüchtlingshilfe ausgegeben wird.

So gesehen macht die teure Griechenland-Politik richtig wütend. Dieses EU-Mitgliedsland tanzt allen auf der Nase herum und ist seit Jahren trotz massiver Hilfen nicht willens, die Schengen-Außengrenze zu bewachen und Immigranten wenigstens zu registrieren. Was das alles für Österreich bedeutet? Weltweite Herausforderungen machen nicht vor unseren Grenzen halt, die Welt ist ein globales Dorf. Besser, wir gestalten sie aktiv mit, statt nur anderen Ländern moralische Ratschläge zu geben.

martina.salomon@kurier.at