Hört auf mit dem Zank um die Heilige Stadt
Von Walter Friedl
Keine Stadt der Welt ist religiös und politisch so aufgeladen wie Jerusalem. Das macht sie unendlich spannend und furchtbar umstritten. Die Juden hatten dort ihre Tempel, Jesus wurde, so die christliche Überlieferung, gekreuzigt, und für Muslime ist der Felsendom nach Mekka und Medina das drittgrößte Heiligtum. Eine durch und durch Heilige Stadt also, die durch unheiligen Zank entweiht und politisch vergewaltigt wird. Natürlich ist sie die Hauptstadt des Staates Israel, keine andere ist denkbar. Aber genauso selbstverständlich ist es, dass Jerusalem die Haupt-Stadt der Palästinenser ist und die Hauptstadt deren künftigen Staates sein muss.
In der Region wird gerne ganz tief in der Historien-Kiste gewühlt. Jede Partei wirft der jeweils anderen Massaker und Übergriffe vor. Kommt man damit weiter? Nein, keinen Millimeter. Auch aus der Hüfte geschossene, einseitige Maßnahmen, wie die Anerkennung Jerusalems als Kapitale der Israelis durch US-Präsident Donald Trump, während die Palästinenser schauen können, wo sie bleiben, sind so hilfreich wie ein Abführmittel bei Durchfall.
Man möchte den Verantwortlichen auf beiden Seiten zuschreien: Hört doch auf mit dem ewigen Kreislauf von Beschuldigungen und Gegen-Beschuldigungen, mit der Politik Auge um Auge und Zahn um Zahn. Die allermeisten Jungen ticken doch längst anders. Ein liberaler Israeli hat mit einem aufgeschlossenen Palästinenser mehr gemein als mit einem orthodoxen Juden. Und viele Palästinenser haben mit der Leichtigkeit des Seins in Tel Aviv mehr am Hut als mit den bärtigen islamistischen Sittenwächtern im Gazastreifen. Beendet diesen scheinbar endlosen Jerusalem-Kreuzweg. Steht auf für eine gemeinsame Stadt, die den Geist aller drei monotheistischen Weltreligionen atmet – und auch politisches Zentrum ist für jene Völker, die dort seit Jahrtausenden leben.