Meinung/Gastkommentar

Trifft uns die Krise am Roten Meer bei den Weihnachtseinkäufen?

Die Huthi-Blockade hat die Transportkosten stark erhöht, was sich im Drewy World Container Index (WCI) widerspiegelt. Mit Blick auf das nahende Weihnachtsgeschäft – die umsatzstärkste Zeit des Jahres – wächst bei vielen die Sorge vor steigenden Preisen im Einzelhandel. Eine Studie der Rabobank gibt jedoch Entwarnung: Selbst bei einem ganzen Jahr Blockade wird für die Eurozone lediglich ein Preisanstieg von etwa 0,5 Prozent prognostiziert. Im ungünstigsten Fall rechnen die Experten mit einem Anstieg von 1,8 Prozent.

Angesichts der drastischen Umwege, die der Konflikt mit sich bringt, ist diese Prognose erstaunlich. Die Umfahrung des Kaps der Guten Hoffnung verlängert die Route der Handelsschiffe um 6.400 Kilometer, was pro Fahrt mindestens eine halbe Million Dollar mehr an Treibstoff- und Versicherungskosten verursacht. Dadurch verzögert sich die Transportzeit von Schanghai nach Rotterdam um bis zu zwölf Tage, was zunächst zu einer Containerknappheit führte.

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Die Transportbranche hat sich inzwischen angepasst. Die Erfahrungen aus der Pandemie und der Suezkanal-Blockade 2021 haben die Flexibilität des österreichischen Handels erhöht. Viele Unternehmen bestellten ihre Waren frühzeitig und lagerten größere Mengen ein. Insbesondere Elektronik, Möbel und Mode, oft aus Ostasien importiert, wurden teilweise bereits im Juni aufgestockt, um die saisonale Nachfrage zu sichern. Diese proaktiven Maßnahmen trugen dazu bei, größere Preissteigerungen zu vermeiden.

Die Steigerungen bewegen sich vor allem bei günstigen Waren in einem Bereich von 1 bis 3 %, während im höherpreisigen Segment die Anpassungen kaum ins Gewicht fallen. Ein Grund ist die Zurückhaltung der Unternehmen, die Mehrkosten voll auf die Kunden zu übertragen. Sie wissen: Zu starke Preisanstiege könnten die Nachfrage senken. So schlägt sich eine Erhöhung der Transportkosten um 3.000 Dollar nur minimal auf den Endpreis pro Artikel nieder. Viele Unternehmen haben ihre Lieferantenstruktur diversifiziert und beziehen Waren zunehmend aus nahe gelegenen Produktionsstandorten wie Osteuropa oder der Türkei. Kleinere und mittlere Unternehmen haben ihre Lagerhaltung optimiert und nutzen verstärkt regionale Zulieferer. Diese Strategie zahlt sich nun aus und mindert die Abhängigkeit von ostasiatischen Transportwegen.

Trotz anhaltender Herausforderungen zeigt der Handel bisher eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit. Die Kombination aus Planung, selektiven Preisanpassungen und Fortschritten in der Schifffahrtstechnik deutet auf ein weitgehend stabiles Weihnachtsgeschäft hin. Langfristig bleibt die Hoffnung, dass diplomatische Lösungsansätze den Konflikt entschärfen. Solange dies aussteht, sichern präventive Maßnahmen die Stabilität des Marktes und dämpfen die Folgen für die Verbraucher.

Peter Deutschbauer ist Managing Director Air & Sea Logistics von Dachser Austria.