Stressige Weihnachtszeit für viele Frauen
Für viele Frauen begann die Adventzeit nicht mit stimmungsvollen Märkten und gemütlichem Beisammensein, sondern mit einer unsichtbaren Last, die sich bereits Ende November auf ihre Schultern legte. Die sogenannte „stille Weihnachtszeit“ ist für viele Frauen eher ein Stressfaktor, der sich in unzähligen Aufgaben manifestiert: Weihnachtsdekoration besorgen, Adventkranz schmücken, Adventkalender füllen – und das ist erst der Anfang. Danach folgen der Nikolausbesuch, Weihnachtsfeiern am Arbeitsplatz, im Kindergarten oder in der Schule, das Putzen und Backen zu Hause, begleitet von einer endlosen To-do-Liste. Unterm Christbaum sollen schließlich ausreichend Geschenke liegen und auf dem Tisch soll ein schmackhafter Weihnachtsbraten stehen.
Besonders deutlich wird die Unsichtbarkeit dieser Belastung in Partnerschaften, in denen diese Aufgaben stillschweigend zur Frauensache erklärt werden. Putzen, die Schwiegermutter vom Bahnhof abholen, das Weihnachtsessen einkaufen und kochen – all das gilt als selbstverständlich und gerade zu Weihnachten wird die unsichtbare Arbeit der Frauen besonders deutlich. Frauen bewältigen dieses Familienmanagement oft neben ihren beruflichen Verpflichtungen.
Neben dem emotionalen Stress sind finanzielle Sorgen für viele Frauen ein zusätzlicher Belastungsfaktor. Die Teuerung trifft Frauen, die oft in schlechter bezahlten Branchen arbeiten, besonders hart. Kinderarmut wird so zu einem Frauenproblem, insbesondere für Alleinerziehende, die mit finanziellen Engpässen und dem Druck, ein gelungenes Fest zu organisieren, konfrontiert sind.
Die Weihnachtsfeiertage, für viele eine Zeit der Besinnung, werden für Frauen oft zur Freizeit ohne Erholung. Das ständige Mitdenken, auch „Mental Load“ genannt, verstärkt den psychischen Stress und die Überlastung bis hin zum Burn-out. Frauen leisten – wie die kürzlich präsentierte Zeitverwendungsstudie bestätigt – mehr als doppelt so viel unbezahlte Arbeit wie Männer, was sich seit Jahrzehnten nicht ändert.
Die Lösung erfordert nicht nur kleine Maßnahmen im Alltag, sondern tiefgreifende gesellschaftliche und politische Veränderungen. So führt an der Überwindung des Gender Pay Gaps kein Weg vorbei. Es darf nicht sein, dass Frauen für gleiche oder gleichwertige Arbeit weniger verdienen als Männer. Denn erst dann, wenn die Lohnlücke geschlossen ist, wird auch die unbezahlte Arbeit zwischen Frauen und Männern fair verteilt werden.
ÖGB und AK haben dazu ein Familienarbeitszeitmodell erarbeitet. Dieses müsste nur umgesetzt werden – sowie ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag des Kindes.
Nur so können Frauen, die gerne für Menschen, die sie lieben, da sind – wirklich wählen und durchatmen – nicht nur zu Weihnachten, sondern das ganze Jahr über.
Korinna Schumann ist ÖGB-Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende