Meinung/Gastkommentar

Signa: Die schiefe Optik des Insolvenzrechts

Die Pleite der undurchsichtigen Signa-Strukturen wird die Gerichte noch länger beschäftigen. Seit Donnerstag steht fest, dass wegen des Zurückziehens des Sanierungsplans seitens der Signa Holding nur mehr der Konkurs für diese übrig bleibt. Davor hatten sich allerdings einige Insolvenzverwalter in Stellung gebracht und auf die Möglichkeit der Vertretung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gehofft.

Die Profitabilität für Rechtsanwälte, die als Insolvenzverwalter agieren, ist bei der Insolvenz der Signa Holding klar ersichtlich. Denn es gilt: Je größer das Insolvenzverfahren, desto lukrativer. Dass ein Verfahren wie jenes der Signa-Gruppe viel Expertise verlangt, ist unbestritten und wird aus rechtlicher Sicht ausdrücklich eingefordert. Berechnungen zeigen aber auf, dass die Honorare für die Insolvenzverwalter bei der Signa Holding ein Ausmaß erreicht hätten, das es in dieser Form noch nicht gab. De lege lata wäre es möglich gewesen, ab einem Bruttoerlös von sechs Millionen Euro ein Prozent Entlohnung für den Insolvenzverwalter geltend zu machen.

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Bei einem Insolvenzverfahren wäre es zu folgendem Szenario gekommen: Die Insolvenzverwalter und Gläubigerschützer besitzen mehr Sicherheiten, für ihr Tätigwerden entlohnt zu werden, als die Gläubiger, zu ihren Forderungen zu kommen. Problematisch ist die schwache Stellung der Gläubiger, die auf für sie wichtige Zahlungen warten müssen. Das hinterlässt bei vielen den Geschmack einer gesetzlichen Unbekümmertheit, während gesetzlich bestellte Verwaltungsakteure auf die Übernahme von Sanierungsverfahren hoffen. Der Geldfluss wäre darüber hinaus zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem eine detaillierte Verwertung der Signa-Vermögenswerte überhaupt noch nicht vorliegen kann. Die Gläubiger werden indes meist mit dem Verweis auf die jeweilige Quote besänftigt. Im Übrigen wäre für Gläubigerschützer ein Sanierungsverfahren im Gegensatz zu einem Konkursverfahren wesentlich rentabler gewesen. Auch für Gläubigerschützer bemisst sich die Entlohnung nach der Insolvenzordnung. Und was können die Gläubiger vom Signa-Konkurs erwarten? Eigentlich nichts, denn eine Mindestquote existiert nicht.

Künftig sollte der Anschein vermieden werden, dass große wirtschaftliche Pleiten de facto mit einer Gewinnoptimierung der gesetzlich bestellten Akteure assoziiert wird, während Gläubiger auf einen zeitnahen Geldfluss angewiesen sind, um ihre Geschäfte weiterführen zu können. Die Entlohnungsstufen müssen in Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen überdacht werden. Das Gericht agiert bei der Bestellung von Insolvenzverwaltern nur im Rahmen des rechtlich Möglichen, wobei die Ausrichtung nach finanziellen Interessen der für die Verwaltung bestellten Personen die moralische Komponente betrifft. Und ein Strafrecht der Moral gibt es bekanntermaßen (noch) nicht.

Marlon Possard forscht an der FH Campus Wien in den Bereichen Recht, Wirtschaft und Finanzen