"Massive Gefahr, dass das Redaktionsgeheimnis ausgehebelt wird"
Michael Borsky von der Kanzlei Ruggenthaler, Rest & Borsky vertritt den KURIER in Medienrechtsangelegenheiten. Hier analysiert er den Fall des Kärntner Journalisten, der am Mittwoch die Wogen hochgehen ließ.
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Dieser Tage ist bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft dem Kärntner Journalisten Franz Miklautz, der kritisch über den Klagenfurter Magistratsdirektor berichtet hatte, Beitragstäterschaft zur Verletzung des Amtsgeheimnisses vorwirft und seine Arbeitsgeräte (konkret sein Mobiltelefon und seinen Laptop) beschlagnahmt hat. Laut Sicherstellungsanordnung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt bestehe der Verdacht, der Journalist habe die Daten, die ihm in Verletzung des Amtsgeheimnisses zugespielt worden seien, veröffentlicht und dadurch zu der Straftat beigetragen.
Nicht nur, dass dieser Vorwurf auf strafrechtlich wackeligen Beinen steht, stellt die Beschlagnahme einen massiven und tiefgreifenden Eingriff in die journalistische Arbeit dar. Nicht umsonst betont der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seit Jahrzehnten, dass der Schutz journalistischer Quellen eine der Grundvoraussetzungen der Pressefreiheit sei. Er sei unumgänglich, damit potenzielle Informanten nicht davon abgeschreckt werden, die Medien bei der Berichterstattung über Fragen öffentlichen Interesses und damit bei der Wahrnehmung ihrer Rolle als "public watchdog" zu unterstützen.
In Österreich ist dies im medienrechtlichen Redaktionsgeheimnis umgesetzt. Keine Journalistin/kein Journalist kann dazu gezwungen werden, vor keiner Behörde darüber Auskunft geben, wer eine Information erteilt hat oder welchen Inhalt diese Information hatte. Dieses Zeugnisverweigerungsrecht darf auch nicht umgangen werden. Beschlagnahmen und Hausdurchsuchungen sind unzulässig.
Wo das Redaktionsgeheimnis keinen Schutz bietet
Allerdings ist das Redaktionsgeheimnis auf Zeugen beschränkt. Wird eine Journalistin/ein Journalist selbst einer Straftat beschuldigt, kann sie/er sich nicht auf das Redaktionsgeheimnis berufen. Allerdings kann ein Beschuldigter ohnehin nicht zur Aussage gezwungen werden, sodass sich das in dieser Hinsicht nicht auswirkt.
Dennoch hat der journalistische Quellenschutz hier eine eklatante Lücke. Der Umgehungsschutz gilt in diesem Fall nämlich nicht. Sicherstellungen, Beschlagnahmen oder andere Ermittlungsmaßnahmen können daher auch gegen JournalistInnen vorgenommen werden, wenn sie selbst einer Straftat beschuldigt werden, solange nur dringender Tatverdacht, also eine verdichtete Verdachtslage besteht. Das Redaktionsgeheimnis bietet in einer solchen Situation daher keinen Schutz.
Nachdem investigative Recherchen es aber oft erforderlich machen, dass auf Material zurückgegriffen wird, dass unter Verletzung des Amtsgeheimnisses herausgegeben wurde, besteht hier die massive Gefahr, dass der Journalist als Beitragstäter behandelt und das Redaktionsgeheimnis ausgehebelt wird.
Ein Missstand
Dieser Missstand wird seit Jahren angeprangert. Der EGMR hat in diesem Zusammenhang wiederholt Verletzungen der Pressefreiheit festgestellt.
Es ist daher höchste Zeit, dass der Gesetzgeber hier Abhilfe schafft und die journalistische Arbeit lückenlos schützt. Eine sinnvolle Lösung wäre für Delikte wie Verletzung der Amtsverschwiegenheit oder Amtsmissbrauch, also jene Delikte, die bei investigativer Recherchen mitunter berührt werden, zumindest die Strafbarkeit von JournalistInnen, für jegliche Beteiligung auszuschließen. Oder man geht den skandinavischen Weg und trennt sich überhaupt vom Amtsgeheimnis. International bläst der Wind jedenfalls in Richtung Whistleblowing.
Weitermachen wie bisher ist jedenfalls keine Option, wie der Fall Miklautz eindrucksvoll zeigt. Darauf zu vertrauen, dass die Strafverfolgungsbehörden, die ihnen offenstehenden Mitteln gegen JournalistInnen immer mit Maßhaltung einsetzen, ist offensichtlich zu wenig.