Meinung/Gastkommentar

Ist Digitalisierung ein Mittel gegen Populismus?

Bei Digitalisierung und Populismus denkt man zunächst wohl eher an das Internet mit seinen Echokammern und Verschwörungstheorien. Die Digitalisierung scheint den Populismus doch eher anzuheizen, wie soll sie ihn bekämpfen?

Das Stichwort lautet: evidenzbasierte Politik. Die Digitalisierung bietet uns hier ganz neue Möglichkeiten. Sie kann Populismus durch fundierte und transparente Entscheidungsprozesse ersetzen. Anstatt auf emotionalen Reaktionen und kurzfristigen Versprechungen könnten politische Entscheidungen stärker auf Daten und Fakten gestützt werden, die langfristig nachhaltigere Lösungen bieten.

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Ein zentrales Element dabei ist die Schaffung einer sektorenübergreifenden Governance-Struktur, die die Digitalkompetenzen institutionell bündelt und mit exzellentem Personal und Budget ausstattet. Diese Struktur soll sicherstellen, dass digitale Innovationen nicht nur technisch, sondern auch ethisch und sozial verträglich – nach den Prinzipien des digitalen Humanismus – umgesetzt werden. Ein weiteres zentrales Vorhaben ist die Erarbeitung einer umfassenden Roadmap für digitale Transformation und Künstliche Intelligenz. Diese soll Leuchtturmprojekte definieren und deren Umsetzung durch ein transparentes Dashboard sichtbar machen. So könnte die Bevölkerung direkt nachvollziehen, wie digitale Initiativen voranschreiten und welche Fortschritte bei der Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen erzielt werden.

Eine wesentliche Anforderung in diesem Kontext ist die Öffnung aller Datenregister. Alle nicht-personenbezogene Daten sollen als Open Data auf data.gv.at öffentlich zugänglich gemacht werden, während alle personenbezogene Daten über gesicherte Verarbeitungsumgebungen wie das Austria Micro Data Center (AMDC) der Wissenschaft und Forschung zur Verfügung stehen sollen. Diese Maßnahme würde die Grundlagen für eine evidenzbasierte Politik schaffen, indem sie die Möglichkeit eröffnet, umfassende Analysen und fundierte Prognosen zu erstellen. Anstatt sich auf Umfragen und emotionale Appelle zu stützen, könnte die Politik so verstärkt auf verlässliche Daten zurückgreifen, die die tatsächlichen Bedürfnisse und Herausforderungen der Bevölkerung widerspiegeln. Die Schaffung eines wissenschaftlichen Dienstes im Parlament und ein modernes, transparentes digitales Abstimmungssystem sind weitere Bausteine auf dem Weg zu mehr Rationalität und Evidenz.

Diese Maßnahmen würden nicht nur dabei unterstützen, den Populismus einzudämmen, sondern auch dabei helfen, das Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen. Transparenz, Effizienz und eine klare Orientierung an den Fakten wären geeignete Mittel gegen die oft simplifizierten und kurzsichtigen Lösungen, die Populisten anbieten.

Robert Seyfriedsberger ist Vorstand von open3.at und Mitglied der Initiative #mehrGrips (Gruppe Digitale Transformation)