Meinung/Gastkommentar

Hürden überwinden

Mit dem 3. Dezember haben wir einen von den Vereinten Nationen ausgerufenen Aktionstag, der unser Bewusstsein auf die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung lenken soll. Es geht darum, Diskriminierung zu beseitigen und Chancengerechtigkeit zu eröffnen.

Da nichts Geringeres als die Anerkennung der Menschenwürde für alle im Fokus steht, sind wir aufgefordert uns zu fragen: Können Menschen mit Behinderung und deren Familien ihren Alltag weitestgehend unbeschwert meistern? Gibt es für sie ausreichende Assistenzangebote? Erhalten Kinder mit Beeinträchtigung die frühestmögliche Förderung und Zugang zu Bildung?

Der enttäuschende Befund 2022 lautet: Nein, nicht jeder Mensch erhält in Österreich die gleichen Chancen. Das ist auch einer der Gründe, warum es auch nach 50 Jahren noch Hilfskampagnen wie „Licht ins Dunkel“ gibt. Die ORF-Aktion will bewusstseinsbildend wirken, jedenfalls bringt sie finanzielle Ressourcen dorthin, wo die öffentliche Hand ihre Grenzen zieht. Dadurch können einzelne Menschen ihre individuellen Ziele besser verfolgen, kreative Projekte und Soziale Innovation werden gefördert. Ein Beitrag von Menschen für Menschen in einer solidarischen Gesellschaft. Auch 14 Jahre nach Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention sind Jugendliche und Erwachsene mit Behinderung noch viel zu weit davon entfernt, ihre Menschenrechte selbstverständlich durchsetzen zu können.

Auf eine Vielzahl an unterstützenden Angeboten besteht kein Anspruch, auf Bundes- und Länderebene gibt es keinen einheitlichen Rechtsrahmen. Es fehlen unbürokratisch bereitgestellte und ausreichend finanzierte Assistenzangebote für ein selbstbestimmtes Leben. Das schränkt Menschen, die mit körperlicher, seelischer oder intellektueller Beeinträchtigung leben, noch weiter ein.

Was also ist auf verschiedenen Ebenen zu tun, damit benachteiligte Personen genau jene Unterstützung bekommen, die sie im Alltag brauchen? Zum einen ist die Gesetzesordnung zu betrachten: Der Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderung ging in die zweite Phase und wurde für 2022 bis 2030 beschlossen.

Doch dieser geht nicht weit genug. Der Plan braucht Ziele mit wirkungsvollen Maßnahmen auf Bundes- und Länderebene sowie Budgetmittel, um die Vorhaben entschlossen zu verwirklichen. Zum anderen sind die Dienstleistungsanbieter gefordert: Sie sollten Assistenzangebote bereitstellen, die einen eigenverantwortlichen Lebensweg anerkennen und persönliche Perspektiven und deren Umsetzung unterstützen. Die UN-Konvention gibt die Richtung vor – es ist Zeit Konzepte zu realisieren, die alle Menschen gleichberechtigt und gleichwertig in jeden Bereich des gesellschaftlichen Lebens einbindet.

Eva Skergeth-Lopič ist Geschäftsführerin der Chance B und Vorstandsvorsitzende von dabei-austria.