Meinung

Lieben Sie TTIP?

Eine sachliche Debatte tut sicher gut.

Michel Reimon
über TTIP

Vor sechs Monaten war es für AktivistInnen noch schwer, mit dem EU-US-Freihandelsabkommen TTIP in die Medien zu kommen. Einen Europawahlkampf und eine große Kampagne der Kronenzeitung später ist das anders, TTIP ein großes Thema. Und seit zwei Wochen häufen sich die Kommentare von wirtschaftsliberalen JournalistInnen, die die Kritik kritisieren, nun auch Martina Salomon im KURIER.

NGOs würden das Abkommen skandalisieren, um Spenden zu sammeln. Wer, sagt sie nicht. "Brüssel" habe wichtige Dokumente transparent gemacht. Welche, sagt sie nicht. Aber man solle endlich Argumente sprechen lassen, statt Emotionen. Stimmt. Ein Titel wie "Hassen Sie TTIP?" ist da halt auch nicht hilfreich. Das unterstellt den KritikerInnen reine Emotionalität. Ich lehne TTIP ab. Hass darauf? Was soll das sein?

Das Chlorhuhn ist platte Propaganda

Eine sachliche Debatte tut sicher gut: Wie das Chlorhuhn als plattes Propaganda-Instrument plakatiert wird, ist nicht viel klüger als Schildlaus-Joghurt und Blutschokolade. Strunzdumme anti-amerikanische Töne muss man klar zurückweisen. Europa ist in den Verhandlungen nicht Opfer, die Kommission ist selbst sehr aggressiv aktiv.

Politische Debatten haben es an sich, dass es immer auch Polemik und Extrempositionen gibt. Die, die eine ernsthafte Diskussion wollen, sollten sich nicht gegenseitig pauschal abwerten und alle in einen Topf werfen. Auch die TTIP-BefürworterInnen nicht: Man darf die nicht alle als herzlose Neoliberale oder gar gekaufte Lakaien der Großkonzerne abtun. Die werden schon gute, sachliche Argumente haben.

Bloß halten sie sich ziemlich damit zurück. Ich lese nur eher oberflächliche Aussagen im Sinne von "Freihandel bringt Wirtschaftswachstum und ist gut für alle". Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Schiedsgerichten ISDS und dem geplanten Standardisierungsorgan RCC vermisse ich von den BefürworterInnen. Ich hätte gern mal eine klare Pro-Argumentation. Die bisher veröffentlichen eher emotionalen Verteidigungstexte will ich ja nicht mit einem polemischen "Lieben Sie TTIP?" vom Tisch wischen...