Ganztagsschule sollte längst Normalität sein
Von Martina Salomon
Ein ernsthaftes Ziel kann doch wohl nur eine flächendeckende Ganztagsschule sein.
über den Ausbau der Ganztagsschulen
In Abwandlung eines Zitats aus der Mondlandung könnte man scherzhaft sagen: Es ist ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer für Österreich: Am Dienstag einigte sich die Bundesregierung darauf, einen großen Teil der Bankenmilliarde – 750 Millionen – in den Ausbau von Ganztagsschulen zu pumpen. 40 Prozent der österreichischen Schüler sollen bis 2025 ganztägig betreut sein. Dafür verdient die Politik prinzipiell Applaus.
Aber: Ein ernsthaftes Ziel kann doch wohl nur eine flächendeckende Ganztagsschule sein, wie sie in entwickelten Industrieländern üblich ist. Schließlich besteht auch gesellschaftlicher Konsens darüber, dass Väter und Mütter am Erwerbsleben teilnehmen sollen, wenn sie das wollen, oder? Und das klappt mit einem Kindergartenkind derzeit deutlich leichter als mit einem Schulkind. Da geht es um monatelange Schulferien, Nachmittags-Freizeit und ein Schulsystem, das eher den Eifer der Eltern statt jenen der Kinder benotet. Was dazu führt, dass die gebildeteren Väter und Mütter das Gefühl beschleicht, ein "zweites Mal maturieren" zu müssen.
Klar, dass das ein sehr großer Teil der Eltern beim besten Willen nicht leisten kann. Denn es wächst ja auch die Gruppe jener, wo daheim kein Bildungswille herrscht und Deutsch eine Fremdsprache bleibt, auch wenn man hier geboren ist. Dass die flammenden Befürworter der Gesamtschule nie eine verpflichtende Ganztagsschule gefordert haben, weil das eine ohne das andere gar nicht funktioniert, wird ein ewiges Rätsel bleiben. Es wäre auch nicht die österreichische Realverfassung, wenn nicht noch mühsame Verhandlungen mit den Ländern bevorstünden. Somit bleibt der Job der Bildungsministerin der schwierigste in der Regierung.