Meinung

Endlich klare Ansagen ohne Taktikspielchen

Die Regierung hat endlich Leadership gezeigt.

Dr. Martina Salomon
über die Asylpolitik

Im Dunkel vieler schlechter Nachrichten könnte es einen Lichtblick geben: Österreich ist Handtaschen-Weitwurfmeister und wild entschlossen, diesen Titel heute im deutschen Bottrop-Kirchhellen zu verteidigen. Ein Rekord ist möglich. Wirklich. Schön wäre es allerdings, wären wir auch in etwas wichtigeren Disziplinen so leistungsbewusst.

Immerhin hat die Regierung am Freitag ihren Nahkampf zwischen Rot und Schwarz, Bund, Ländern und Gemeinden (vorübergehend?) ad acta gelegt, und bei einem gänzlich unpopulären Thema endlich Leadership gezeigt: Es wird künftig mehr und bessere Unterkünfte für Flüchtlinge geben. Dafür sollen absurde Bürokratieregeln abgeschafft werden, die den Bund hindern, auf seinem eigenen Grundbesitz zumindest Wohncontainer aufzustellen, wenn die Länder dagegen sind.

Da uns die EU in der Flüchtlingsfrage im Stich lässt, muss man noch über weitere Reformen nachdenken. Kann man zum Beispiel – auch wenn es momentan dem EU-Recht widerspricht – Asyl verweigern, wenn jemand per Schlepper kommt? Leider ist das oft gar nicht so leicht zu klären. Viele Asylwerber haben keine Papiere und machen unklare Angaben, woher und wie sie eingereist sind. Übrigens wäre man heute froh, hätte sich Ex-Innenministerin Fekter 2009 mit dem Bau eines dritten Erstaufnahmezentrums (im Burgenland) durchgesetzt. Es böte wenigstens ein Dach über dem Kopf. Derzeit hat Österreich 45.000 Flüchtlinge mit laufendem Asylverfahren. Jede Woche kommen 2000 neu dazu, allein am Montag waren es 400. Damit konnte niemand rechnen, kaum ein anderes Land in Europa trägt eine so hohe Last. Das sollte man bei aller Regierungskritik bedenken.

Unternehmergeist nicht abwürgen

Hauptproblem der Koalition ist die mangelnde Entschlossenheit und Einigkeit in entscheidenden Fragen wie Bildung, Pensionen, Mindestsicherung, Mietrecht, Wirtschaft. Apropos Wirtschaft: Die Steuerreform enthält durchaus ein paar hinterhältige Punkte, die den Wirtschaftsmotor abwürgen. So verteuert ein viel zu bürokratisches neues Sozialbetrugsrecht die Arbeit, etwa am Bau. Dazu kommen veränderte Abschreibemöglichkeiten, die private Bau-Investitionen unrentabel machen. Wer hat Lust, in so einem Klima etwas zu "unternehmen"? Will Österreich wieder zur positiven Wirtschaftsentwicklung Europas aufschließen, dann muss die Regierung nicht nur in der Asylfrage an einem Strang ziehen. Sie muss auch aufhören, politisches Kleingeld mit taktischen Nadelstichen gegen den Koalitionspartner zu machen.

Wahrscheinlich braucht es einen Weisenrat, der sagt, was das Land braucht (auch Firmen holen sich für unangenehme Wahrheiten gerne Berater). Damit nicht eintritt, was der Sozialexperte Mazal im Freitags-KURIER sagte: "Österreich ist mit Griechenland vergleichbar." Die britische Financial Times hat Wien in einem Kommentar als "Backwater" (im Sinne von Reformstau, rückständig) bezeichnet. Es wird Zeit, das Gegenteil zu beweisen.