Die unzufriedene Freizeitgesellschaft
Von Martina Salomon
Der Vollkaskostaat sorgt für Einkommen und Unterhaltung.
über die Freizeitgesellschaft.
Wer dieser Tage durch die Stadt geht oder im Stau vor Einkaufszentren steht, wundert sich: überall Menschenmassen, selbst zur Haupt-Bürozeit. Arbeitet denn niemand mehr? Zumindest in Wien scheint der Traum vom bedingungslosen Grundeinkommen weitgehend erfüllt zu sein. Nur gibt das ganz oft nicht Raum für sinnstiftende Tätigkeiten, sondern für Müßiggang, Aggression – und (von der Politik sogar geschürten) Neid auf die Besitzenden.
"Brot und Spiele" lautet das Motto, und alle Generationen und Schichten profitieren davon, keineswegs nur die niedrigsten: Man studiert lange, um nicht zu früh im harten Berufsalltag zu landen, achtet penibel auf "Work-Life-Balance", flüchtet aus unbefriedigenden Jobs in Frühpension oder Bildungskarenz, und gönnt sich zwischen zwei Jobs eine Auszeit.
Der Staat zahlt Beihilfen aller Art, bietet subventionierte Wohnungen und Gebührenbefreiung. Die Sozialämter kaufen manchmal sogar Pensionszeiten für ihre Klientel nach. Bei der Pensionsversicherung wiederum erklärt man älteren Bürgern, dass sich finanziell ein längeres Arbeiten nicht lohnt.
Natürlich sorgt der Vollkaskostaat auch für Unterhaltung. So hat der Platz vor dem Wiener Rathaus mittlerweile an fast jedem Tag im Jahr eine andere Volksbelustigung zu bieten. Macht das die Bürger zufrieden? Eher nicht. Sie misstrauen den Regierenden, die doch eh alles tun, um ihr verwöhntes Volk nicht mit harten Einschnitten oder echten Reformen zu verschrecken.
Programmierer gesucht
Um sich diesen Luxus leisten zu können, knöpft der Staat den Arbeitenden jedoch viel ab: Schon ab einem Jahresbruttoeinkommen von 60.000 Euro sind das 48 Cent für jeden weiteren Euro. Gleichzeitig steigt der Arbeitsdruck für jene, die noch arbeiten, zum Teil enorm. Einen Aufstand dagegen gibt es nicht (oder nur in Form ausgedehnter Rauchpausen). Man hat sich damit abgefunden, dass dies eben der Preis ist, um all jene mitzuschleppen, die keine Arbeit mehr haben.
Und tatsächlich sind die Jobs für Packelschupfer, Bürodiener, Stenotypistinnen verschwunden. Dennoch ist es eine Mär, dass uns die Arbeit ausgeht. Österreich hat (trotz hoher Arbeitslosigkeit) einen Beschäftigungsrekord, viele Firmen suchen Lehrlinge und Fachkräfte. Nicht nur Lohnverrechner und Programmierer, sondern auch Friseure, Verkäufer, Pflegekräfte (die wir sogar "importieren"). Geht es nach den Grünen, ist auch Lastenfahrrad-Fahrer ein Zukunftsjob.
Was Firmen nicht mehr brauchen, sind Unqualifizierte – dummerweise hat sich diese Gruppe durch Zuzug und schlechte Schulbildung zuletzt aber vergrößert. Kein Wunder, unser Sozialparadies wirkt da wie ein Magnet. In ihrer Not schafft die Regierung nun mit der "Aktion 20.000" künstlich Jobs und bläht damit wahrscheinlich den ohnehin zu fetten Staatsapparat wieder auf.
Müßiggang für alle
Auch die Freizeitgesellschaft kann nicht leugnen, dass zur Menschenwürde Arbeit zählt. Wenn Arbeit aber so hoch besteuert ist, dass sich Arbeitgeber das nicht mehr leisten und Arbeitnehmer mit einem mittleren Einkommen keinen Wohlstand mehr aufbauen können, sinkt der Leistungswille. Die Vision einer Gesellschaft, in der nur noch Roboter arbeiten und für alle Milch und Honig fließen, wird sich leider nicht ausgehen.