Die Plagiatsfalle
Christine Aschbacher ist also rehabilitiert. Die ehemalige Arbeitsministerin hat von der TU Bratislava bescheinigt bekommen, nicht plagiiert zu haben. Sie darf ihren Doktortitel behalten, was angesichts der Machart ihrer Dissertation zum Nachdenken anregt.
Der Fall Aschbacher ist ein heikler Anlass, um über Plagiate in der Uni-Karriere zu diskutieren. Notwendig ist es aber dennoch: In kaum einem anderen Feld gleiten Amtsträger oder politische Akteure auf derart dünnem Eis. Und zwar lebenslang: Im titelverliebten Österreich verjähren wissenschaftliche Verfehlungen nämlich nicht. Wer also mit 25 schlampig gearbeitet hat, darauf kein adäquates Feedback seiner Universität bekommen hat, kann mit 50 ein hohes Amt verlieren, wenn es ruchbar wird.
„Ankläger“ sind stets Privatleute. Marktführer in Sachen Plagiatsforschung ist der streitbare Stefan Weber, der vor Aschbacher eine Reihe von Ministerinnen und Ministern unterschiedlicher Couleurs mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert hat. Ein kurzer Abriss: Thomas Drozda, ehemaliger roter Medienminister, durfte seinen Magistertitel behalten. Alma Zadić, grüne Justizministerin, hat ihren Doktortitel ebenfalls noch in der Tasche. In beiden Fällen war der private Plagiatsjäger mit Vorwürfen an die Öffentlichkeit gegangen. Eine Überprüfung der Universitäten, an denen diese Arbeiten abgelegt wurden, entlastete die beiden. Staatsoperndirektor Bogdan Roščić wurde ebenfalls von Weber beschuldigt. Auch seine Dissertation hielt einer universitären Prüfung stand.
Eine Reihe prominenter Personen in öffentlichen Ämtern hatten also mit dem Umstand zu kämpfen, dass sie mit Schlagzeilen konfrontiert wurden, die ihre Karriere gefährdeten. Haftungsfragen stellen sich für sie nicht, Schuld und Sühne fallen hier nur den Beschuldigten in den Schoß: Denn die Betreuerinnen und Betreuer, die die Arbeiten geprüft haben, sind stets außer Obligo. Aber wie kommt man dazu, sich nach gutem Wissen und Gewissen in die Hände von wissenschaftlichem Personal zu begeben, ohne sich darauf verlassen zu dürfen, dass deren Prüfsiegel im Zweifelsfall auch zählt? Es ist ein Merkmal der Massenuni, dass qualitätsvolle Betreuung eher als Nebenerscheinung auftritt.
Schwerer Betrug ist hier eine absolute Randerscheinung – vor der sind auch die Plagiatsjäger nicht gefeit. Stefan Weber selbst fiel mit einem deutschen Kollegen auf einen Verleumder herein, der ein Werk gefälscht hatte, aus dem ein angeblicher wissenschaftlicher Abschreiber zitiert haben soll. Unterm Strich würde man sich wünschen, dass Kompetenz im Amt mehr zählt als eine Arbeit, die von Dritten unzureichend redigiert wurde. Aschbacher hatte im Endeffekt diesem Anspruch nicht standgehalten – ob Doktorin oder nicht.