Den Tüchtigen gehört die Welt – auch hier?
Von Martina Salomon
Österreich ist für Zuwanderer ins Sozialsystem möglicherweise attraktiver als für Hochqualifizierte
über Zuwanderung
Natürlich ist es gut und richtig, dass wir uns ständig damit beschäftigen, wie man sozial oder intellektuell Benachteiligte in Schule und Arbeitsleben besser fördern kann. Aber tun wir genug, um auch für Tüchtige und Kluge ein attraktives Land zu sein? Manchmal hat man das Gefühl, dass es weitaus leichter ist, ins heimische Sozialsystem einzuwandern, als – etwa als Facharbeiter oder Universitätslektor – aus einem Nicht-EU-Land nach Österreich zu kommen. Ein noch so begabter Chinese, Amerikaner oder Australier bleibt skeptisch beäugter "Drittstaatsangehöriger" und kämpft mit oft absurden bürokratischen Hürden.
Prinzipiell wandern seit Jahrzehnten eher nur mittel bis niedrig qualifizierte Menschen nach Österreich ein, die Flüchtlingswelle 2015 hat diesen Trend massiv verstärkt. Das hat zweierlei zur Folge: eine Binnensicht, die Migranten eher als Last betrachtet. Und eine Außensicht, in der Österreich nicht als modernes, innovatives Land wahrgenommen wird, das außerordentliche Persönlichkeiten anzieht. Solche Menschen können sich ihre Zielländer meist aussuchen. Österreich punktet (noch) mit Sicherheit und Lebensqualität. Die Schweiz oder die USA aber mit spürbar höherem Gehalt – auch deswegen, weil die Steuerlast dort geringer ausfällt. Immerhin wurden im Zuge der Steuerreform steuerliche Anreize für den Forscher-Zuzug geschaffen. Und ab 2017 gibt es ein "Start-up-Visum" für Gründerinnen aus Drittstaaten. Da geht aber noch (deutlich) mehr!
Kanada und Australien etwa haben es nicht nur geografisch leichter, (illegale) Zuwanderung zu kontrollieren. Sie suchen auch mit Punktesystemen gezielt jene aus, die für den Arbeitsmarkt brauchbar sind. Sollte man sich davon nicht etwas abschauen? Und wäre es nicht logisch, jene "Ausländer" in Österreich zu halten, die, vom Steuerzahler finanziert, an unseren Unis studieren?
Billig-Jobs für Ungelernte statt Untätigkeit
Auch für die Ungelernten müsste man (Über-)Regulierungen zurücknehmen. So wurde zum Beispiel in Vorarlberg ein von allen Parteien unterstütztes Caritas-Nachbarschaftshilfe-Projekt von der Bundesregierung aus Angst vor Schwarzarbeit abgedreht. Aber ein Asylwerber, der bei einem älteren Ehepaar gegen Taschengeld Rasen mäht, nimmt keinem Gärtner einen Job weg. Gemeinnützige Arbeit wäre für Flüchtlinge genauso wie der Ein-Euro-Job nach deutschem Vorbild eine Chance zu Integration. Doch die SPÖ legt bisher ein Veto ein.
Wobei es keinen Grund gibt, nur noch schwarzzusehen: Österreich hat ein starkes Rückgrat an Industrie und erfolgreichen Klein- und Mittelbetrieben. Daher fällt nicht so auf, dass wir in Wahrheit in einem Land leben, in dem, wer herausragt, gern einen Kopf kürzer gemacht wird. Wenn sich aber irgendwann einmal alle über einen Kamm scheren lassen (müssen), haben wir nicht Gerechtigkeit erreicht, sondern bestenfalls Mittelmaß. Will Österreich seine Sozialleistungen nicht einschränken, muss es auch Leistungsbereitschaft fördern.