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Die FREIZEIT-Kolumne im Weblog: Go, Karli go!

Einige von ihnen reagieren auf Stress nicht nur mit einer Extra-Ration Geilheit, sondern mit unkritischer Partnerwahl. Na super.

Dass Stress für die Libido nicht unbedingt der Wahnsinns-Bringer ist, wussten schon weise Puffmütter. Sie verpassten abgehetzten Großwildjägern oft einmal ein paar symbolische Entspannungstropfen: "Piano. Jetzt trinken's in aller Ruhe einen Pikkolo mit unseren Damen, gewöhnen sich ans Rotlicht und gustieren ein bissl." Der Herr dankte für mildernde Umstände dieser Art, um nach ein paar Pseudoschluckerln vom Sprudel gelockert dem Alltag zu entgleiten - und von dort in die gekaufte Braut. Aber natürlich: Unter Druck hat sich's noch nie wirklich lässig gevögelt. Jedes halbwegs normal funktionierende Gehirn lässt in Phasen des "Flüchtens & Kämpfens" eben kaum reichlich Blut ins Genital plätschern. Denken Sie an eine Gazelle, die von hungrigen Löwen gejagt wird. Das Tier hat vermutlich ganz andere Sorgen als Gruppensex in der Steppe. Geilheit braucht halt das gleitcremeartige Zusammenspiel von Hormonen und Nervensystem. Je geschmeidiger der Parasympathikus (zuständig für den seelischen Spa-Bereich), desto zuverlässiger die Libido. Frauen sind da - was sonst, eigentlich? - besonders sensibel. Was natürlich auch besonders blöd ist. Denn selbstverständlich sind es ebenfalls die Frauen, die die Sorgen für sich gepachtet haben. In ihrem beharrlichen Für-alle-Mitdenken, Hinterfragen und Zweifeln wird ihr Leben zur Problemzone: Krieg' ich den Job, krieg' ich den Mann oder krieg' ich eine Fieberblase? Woher kommen die grauen Haare und wohin schwimmen die Plastikflaschen, wenn er sie falsch entsorgt? Werde ich mit 35 so aussehen wie meine Mutter mit 50? Machen Druckerpatronen Staublunge? Dazwischen lasziv die Schamlippen zu schürzen, ist Mission Impossible. Männer haben es da viel besser - sie entsorgen solche Themen wie ein benütztes Kondom oder fangen sich erst gar keine Affären mit Miseren an. Ihre Fragen ans Leben sind meist viel, viel weniger tiefgründig und daher weniger fatal für Herz und Seele: Sterben Blondinen aus? Was gibt's zu essen? Ist das Bier kalt? Zwar leiden die so genannten Leydig-Zellen in ihren Hoden auch ein wenig, wenn der Stress sie übermannt, aber insgesamt erleben viele Männer Druck als animierenden Lendenwirbel. Thrill und Kicks sind für manche eben lustiger als Viagra. Wie übrigens eine Kinsey-Studie zeigt: 21 Prozent der männlichen Mitmenschen empfinden sich unter Druck in gesteigertem sexuellen Bereitschaftsmodus. Und noch etwas, so eine aktuelle Untersuchung der Uni Trier: Je stressiger, desto generöser agieren die Herren bei der Partnerwahl. Normalerweise suchen Menschen sich Wegbegleiter, die ihnen ähneln. Sie angeln im selben Genpool. Doch zwischen vier Meetings, drei Telefonkonferenzen und purzelnden Aktienkursen ist dann auch schon alles wurscht: Jetzt regieren die Stresshoden - bedingt durch ein gar lebenslustiges Mix der Hormone. Und Mister Mister krallt sich - gekickt von Trieb und Instinkt - dann schon mal eine, die den Naturgesetzen so gar nicht entspricht. Volle Bandbreite - go, Karli, go. Während die Damen sich kurzatmig durchs Leben hecheln und Nägel beißen dürfen. Ich sag's jetzt wie's ist: Spätestens jetzt wäre Penisneid angebracht. Ein bissel halt.