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Welt-Reise, Tag 63 - Kanada

Mittagessen mit Fränk

Heute Kanada! Nach der Landung in Toronto geht es direkt nach Aurora, Ontario: auf den elitären Golfklub von Frank Stronach. Der wartet schon - mit dem Mittagessen. Und beklagt sich, kaum ist der edle Rotwein kredenzt, dass er von österreichischen Journalisten oft falsch verstanden wird. Fordert daher, als wäre es das Normalste von der Welt, alles Geschriebene vorab kontrollieren zu dürfen. Damit wir uns nicht falsch verstehen, Mister Stronach: In Ihrer eigenen Firma können Sie König sein und das Gold so verteilen, wie Sie es für richtig halten, gerne auch so, dass niemand dominiert wird, wie sie sagen. Die Republik Österreich ist allerdings kein Königreich. Daher gilt dort weiterhin das Gesetz der Pressefreiheit. Aber lassen wir doch ausnahmsweise all die Missverständnisse und Kränkungen der vergangenen Jahre beiseite! Konzentrieren wir uns auf das Wesentliche, die Fakten: In Aurora leben 50.000 Menschen, 5000 arbeiten für Magna. Sie alle und auch ihre Kollegen in der Steiermark haben nicht zuletzt deshalb Arbeit, weil ein fleißiger wie mutiger Werkzeugmacher aus Weiz eine Vision gehabt hat. Und erst dann einen Schritt aus der ersten Reihe seines Konzerns zurückgetreten ist, als diese Idee mehr als nur umgesetzt war. Faktum ist auch, dass Onkel Fränk mit seinen 78 Jahren noch immer körperlich sehr fit und geistig sehr wach ist. Reden wir nicht über Fußball in Österreich, falsche Berater, Opel, staatliche Förderungen, gebaute Pferdebahnen sowie nicht gebaute Stadien, Einkaufszentren und Vergnügungsparks im Süden von Wien, sehen wir auch über sprachliche Bilder hinweg, die eher grob gesprochen als gut durchdacht sind, dann bleibt doch noch immer: Der Unternehmer Frank Stronach muss ein leuchtendes Vorbild für all jene sein, die oft von der Wichtigkeit des Exports für die österreichische Wirtschaft reden. He did it! Er sagt heute: "Ich bin dort, wo ich bin, weil ich eine gewisse Neugier gehabt habe." Auch eine Tatsache: Magna gilt in Kanada als angesehene, hart kalkulierende Firma im Automotiv-Bereich. Im Moment sind die Magna-Ingenieure wieder einmal an einem großen Coup dran: Gemeinsam mit Ford haben sie ein neues Elektroauto entwickelt. Und das wird wohl auch in Europa für Elektrisierung sorgen. Stronach hat darüber hinaus nie vergessen, wo er her ist. Er wiederholt auch heute: "Österreich hat mir meine Ausbildung ermöglicht, Kanada meine Geschäfte." Und selbst wenn er in seinem Ausbildungsland weiterhin mehr mediale Watschen als Wertschätzung einfängt, fliegt er im Schnitt alle drei bis fünf Wochen "heim".

Im Schatten des Chefs

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Sie ist Frank Stronachs persönliche Assistentin. Und sie hält ihm, wo immer sie kann, den Rücken und auch den Kopf frei. Alle Mails und viele Anfragen gehen über ihren Schreibtisch. Und wenn "der Fränk", wie sie ihn ehrfurchtsvoll nennt, wieder einmal seinen Privat-Jet besteigt, darf man davon ausgehen, dass auch sie mit im Flugzeug sitzt. Kathrin Nachbaur sagt, dass sie diese Arbeit gerne macht. Dass ihr die Arbeit mit Fränk viele neue Perspektiven eröffnet hat. Was sie dabei denkt, das fragen wir sie nicht. Sie arbeitet bereits seit mehr als zehn Jahre für Magna in Kanada, zuvor für die Entwicklungsabteilung. Natürlich hält auch sie das neue Elektroauto für sensationell. Kommentare darüber lässt sie jedoch lieber ihren Chef abgeben. Der sagt unter anderem: "Wenn du große Veränderungen herbeiführen willst, brauchst du Geld dazu." Und geht davon aus, dass dem alternativen Antrieb die Zukunft gehört: "Da brauchst du kein großer Wahrsager sein. Es wird jeden Tag so viel Öl verbraucht wie die Donau Wasser runter fließt." Ach, Fränk, was wäre die Welt ohne Ihre Vergleiche! Faszinierend in jedem Fall der neue Ford Focus, der Ende des Jahres in Europa präsentiert werden soll: Sein E-Motor hat richtig Biss, wie man uns erfahren lässt. Da kommt mancher Benziner und Diesel nicht mit.

Der andere Fränk

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Dies ist die Geschichte vom anderen Fränk, der auch aus dem Osten der Steiermark stammt und ebenso als Handwerker in Kanada sein berufliches Glück gefunden hat. Sein Sohn, Michael Polzler, spricht zwar so gut wie kein Wort Deutsch, sieht aber zumindest frisurtechnisch aus wie der junge Hannes Kartnig. Und die Geschichte vom Herrn Papa aus dem Bezirk Gleisdorf hat Michael "Maikäl" Polzler sowieso im kleinen Finger. Franz Polzler wurde im Jahr 1933 geboren. Mit zwanzig kehrte der gelernte Bäcker und Zuckerbäcker seiner Heimat den Rücken. Es war die Zeit, da Österreich jungen Menschen wenig Perspektive bieten konnte und Kanada ausgebildete Handwerker mit Handkuss aufnahm. Eigentlich wollte er ja nach Kalifornien, zu Verwandten. Doch die warmen Semmeln seiner kleinen feinen "Swiss Home Bakery", die er mit seinem Schweizer Partner in Toronto gegründet hatte, gingen von Anfang an so gut, dass er von hier nicht mehr wegkam. Sohn Helmut ist heute dick im internationalen Immobiliengeschäft, öfters auch in Österreich, wie er betont. Und das kam so: "Der Vater hat dann Probleme mit der Lunge bekommen, und musste sich eine andere Arbeit suchen." Was lag da näher als das Immobiliengeschäft, das man sich Schritt für Schritt selbst beibringen konnte: Alles ging gut, sogar steil bergauf, bis sich der gelernte Zuckerbäcker zu sehr in die Entwicklung von Bauprojekten wagte. "Er konnte den drohenden Konkurs am Ende noch abfangen, ging dann aber einen anderen Weg." Polzler erwarb die ersten Lizenzen der US-Firma Remax für Ost-Kanada. Heute kennt man den Namen Remax auch in Österreich. Als stark expandierende, gut vernetzte, aggressiv um Marktanteile ritternde Makler-Truppe mit mehr als 350 Lizenznehmern, die angeblich alle nach dem selben System verfahren: Kunde bietet seinem Makler ein Haus an, anderer Kunde sucht bei seinem Makler ein Haus, arbeiten die beiden Makler für Remax, bringen sie die Beiden binnen 24 Stunden an einen Tisch. So zumindest die Theorie vom "jungen Kartnig". Beziehungsweise die Praxis in Nordamerika.

Außen hui, darunter pfui

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Apropos Immobilien in Nordamerika: Wenn im Keller die Waschmaschine schleudert, versteht der Leid geplagte Hausmieter sein eigenes Wort nicht mehr. Wenn draußen der Wind pfeift, dann pfeift er auch in seinem Wohnzimmer. Und wenn vorne auf der Straße ein Motorrad vorbeifährt, rattert das halbe Mobiliar. Die österreichischen Mindeststandards beim Hausbau, die vermisst er wie einen Bissen Schwarzbrot. Im Moment versucht der Mieter nämlich, in Kanada zu wohnen. In so einem Haus, das er zuvor so oft in amerikanischen Spielfilmen und TV-Serien gesehen hat. Vor dem Haus tatsächlich der gepflegte Rasen und die Veranda, im Haus besagte Stiege, die hinauf zu den Schlafgemächern führt. Doch der Schein trügt. Die Wirklichkeit ist weniger harmonisch. Was aus der Ferne des Fernsehens wie ein Ziegelhaus anmutet, ist in Wahrheit eine bessere Laubsägearbeit. Mit Wänden aus gepresstem Holz und - oh, it's a Fake! - aufgeklebten Ziegelmuster-Panelen. Jeder Hurrikan hat eine Hetz mit so einem Häusl. Der pustet es weg wie unsereins eine Zündholzschachtel. Soll einer noch einmal etwas über österreichische Pfuscher sagen, das hier schlägt jedem Fass den Boden aus. Der Nachbar, ein Nordamerikaner durch und durch, nimmt es gelassen. Ist ja nicht für die Ewigkeit, sagt er. Und wundert sich, dass man in Österreich Häuser baut, die hundert Jahre und länger stehen sollen. Er hingegen sieht sein Haus rein als Investitionsobjekt, wird auch schon in Kürze wieder in eine andere Stadt, in ein anderes Häusl ziehen.

Echter Nischen-Weltmeister

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Österreichischer Nischenweltmeister. Hidden Champion: Mit diesen Begriffen wird in Wirtschaftskreisen in Österreich oft jongliert. Auf die nächste Firma, die Firma Blum aus Höchst in Vorarlberg, treffen diese Begriffe inhaltlich und auch bildlich zu. Denn es sind die versteckten Scharnier-, Klappen- und Auszugssysteme vornehmlich in Küchenschränken, die diese scheinbar automatisch öffnen und schließen und die den Menschen überall auf der Welt das Leben erleichtern. Die Produkte von Blum sind nicht nur in IKEA-Möbeln gut versteckt, auch die Creme de la creme der Möbelindustrie greift gerne auf die Konzepte aus Vorarlberg zurück. Kevin Tratt ist natürlich nicht objektiv. Er ist der Geschäftsführer von Blum Canada. Ist seit 23 Jahren ein lebender Bestandteil der Firma. Ist nicht zuletzt deshalb ein großer Fan von Österreich: "Blum ist eines von diesen typisch österreichischen Familien-Unternehmen, die Erfolg haben, weil sie sich mit großer Akribie mit ihren Produkten befassen, weil sie aber auch nie vergessen haben, dass die Produkte von ihren Mitarbeitern hergestellt werden." Die Firma wurde im Jahr 1952 in Höchst gegründet. Vom Hufschmied Julius Blum. Nur sechs Jahre später hat der neben den Beschlägen für die Pferdehufe den ersten Möbelbeschlag produziert. Seit 1965 liefert die Julius Blum GmbH auch ins Ausland. Heute ist die Firma weltweit vertreten. Ihre Leistungsbilanz kann sich sehen lassen: Aktuell 5000 Mitarbeiter, ein konsolidierter Umsatz jenseits einer Milliarde Euro, mit einem Exportanteil von 96 Prozent.

Dieser Blog erscheint redaktionell unabhängig in Kooperation mit der Außenwirtschaft Österreich der Wirtschaftskammer Österreich sowie mit dem Wirtschaftsministerium. Die Export-Offensive go-international soll österreichische Unternehmen zu geschäftlichen Aktivitäten im Ausland motivieren und dabei unterstützen.