Ausgequetscht
Von Martina Salomon
Ein normal arbeitender Mensch kann sich kaum noch eine Eigentumswohnung leisten.
über den Mittelstand
Der Mittelstand – das fleißige Pferd, das den Karren zieht – schnaubt und scheut zu Recht. Im Grunde waren Rot und Schwarz erfolgreich – nur nicht bei ihm. Die SPÖ hat einen Sozialstaat ausgepolstert, wie man ihn international kaum findet (daher ist er auch für arme Zuwanderer so interessant).
Die ÖVP hat für gute Bedingungen für Großunternehmen gesorgt, sie zahlen niedrigere Energiepreise als ein normaler Haushalt und kriegen Forschungsleistungen und Neueinstellungen gefördert. Vergünstigungen, von denen ein Familienbetrieb nichts hat, weil ihm der bürokratische Aufwand zu hoch ist. Gewerbetreibende werden von Finanz, Arbeitsinspektorat und Sozialversicherung ohne Pardon sanktioniert und sekkiert, während große, internationale Unternehmen Wege finden, zum Beispiel möglichst niedrige Körperschaftssteuern zu zahlen. Die dilettantische Umsetzung der Registrierkasse hat das Fass bei der mittelständischen Wirtschaft dann endgültig zum Überlaufen gebracht.
Den kleinen Familienbetrieben geht es wie dem tüchtigen Arbeitnehmer: Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank erlaubt beiden im Gegensatz zu ihrer Elterngeneration nicht mehr, sich risikolos ein bescheidenes Vermögen zu ersparen. Ein "normaler" arbeitender Mensch kann sich kaum noch eine Eigentumswohnung oder ein Reihenhaus im Grünen leisten, die niedrigen Zinsen haben einen Run auf "Betongold" erzeugt und die Immobilienpreise explodieren lassen. Immer häufiger sieht sich "der" Mittelstand gezwungen, für bis dato unentgeltliche staatliche Leistungen, wie etwa für eine gute Schule oder Gesundheitsleistungen ohne lange Wartezeiten selbst tief in die Tasche zu greifen: eine zusätzliche "Mittelstandssteuer". Wer Wahlen gewinnen will, muss sich um genau diese Sorgen kümmern, damit die Zugpferde wieder freudiger traben.