Meinung

Alkoholverbot: Eine frisierte SPÖ-Studie als Sittenbild der Politik

Am gestrigen Montag postete die Wiener SPÖ auf Facebook: "In Wien setzen wir auf Fakten anstatt auf Fake News."

Nur wenige Stunden später hatte die Partei einen handfesten Datenskandal am Hals.

Denn als nichts anderes ist der Versuch der rot-grünen Wiener Stadtregierung, die Umfrageergebnisse zum Alkoholverbot am Praterstern zu frisieren, zu werten. Wie der Standard herausgefunden hat, hat sich die SPÖ die Evaluierung zum umstrittenen Verbot schöngerechnet.

Durch Zahlentricks wurden aus rund 51 Prozent Zustimmung zum Alkoholverbot plötzlich 68 Prozent. Wie man das gemacht hat? Man hielt die Originalstudie unter Verschluss, ließ die "Weiß nicht"-Stimmen einfach unter den Tisch fallen und rechnete das Ergebnis neu durch.

Schon wurde aus einem ambivalenten Ergebnis, das der SPÖ wohl Debatten über die Sinnhaftigkeit ihrer Maßnahme eingebrachte hätte, ein herzeigbarer Polit-Erfolg.

Michael Ludwig, der mit dem Alkoholverbot in seine Amtszeit als roter Bürgermeister startete, lag das Thema am Herzen. Man wollte sich gegen die damals noch starke FPÖ als soziale Law-and-Order-Partei positionieren.

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Problematisch ist, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt. Sondern dass der Umgang der SPÖ mit den Daten ein bedenkliches Sittenbild der heimischen Politik zeichnet.

Ein Sittenbild

Die Wahrheit ist: Die heimische Parteien haben fast schon traditionell wenig bis kein Interesse an fakten- und datenbasierter Politik. Wissenschaftliche Expertise ist ihnen ein Graus.

Birgt sie doch immer die Gefahr, dass Ergebnisse zutage gefördert werden, die nicht in die Erzählungen passen, die man dem geneigten Wähler mühsam eingepflanzt hat.

Die Schummeleien, die die Politik anwendet, sind vielfältig und perfid. Der heimische Wissenschaftsbetrieb - vor allem jene Institute, die sich unabhängig nennen - haben massiv damit zu kämpfen.

Tendenzös und geheim

Die Palette der Einflussnahme ist breit. Denn wer taktisch klug manipulieren will, der setzt nicht erst bei der Ergebnispräsentation an.

Oft wird das Ergebnis schon mit einer tendenziöser Fragestellung vorweggenommen.

Bei den Korrekturschleifen, die die Institute dem Auftraggeber meist zugestehen, werden die unangenehmsten Stellen weiter entschäft.

Hilft das nicht, dann werden die spannenden Erkenntnisse im letzten Drittel der Studie  - keinesfalls in der Kurzzusammenfassung! - versteckt.

Reicht auch das nicht, wird die Studie zurückgehalten und in tiefen Schreibtischschubladen gut versteckt. Und das, obwohl sie mit öffentlichem Geld finanziert wurde.

Warum sich Meinungsforscher und Wissenschafter das gefallen lassen (müssen)? "Wer das Gold hat, macht die Regeln", würde Frank Stronach wohl sagen.

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Der respektlose Umgang mit wissenschaftlicher Evidenz ist übrigens bei Weitem kein rotes Phänomen. Wir erinnern uns an die umstrittene Studie zu Islam-Kindergärten aus dem Jahr 2015. Das Außenministerium unter Sebastian Kurz, heute ÖVP-Chef, hat sie vor der Veröffentlichung "bearbeitet".

Wer wäre nun die geeignete moralische Instanz, um derartiges Verhalten in der Politik zu kritisieren? Der Wissenschaftsminister vielleicht, immerhin selbst honoriger Universitätsprofessor. In einem seiner Antrittsinterviews meinte Heinz Faßmann vor einigen Tagen: "Wissenschaft soll sich nicht überall einmischen."

Damit wäre eigentlich alles gesagt.

Oder zumindest fast alles. Die Frage, ob das Alkoholverbot am Praterstern sinnvoll ist, bleibt weiter offen. Der Verdacht liegt nahe, dass es das ist.

Schade, dass die SPÖ eine an sich sinnvolle Maßnahme mit schmutzigen Tricks ins schiefe Licht gerückt hat.