Neues Wirtshaus: Joachim Gradwohl kocht jetzt an der Weinstraße
Von Anita Kattinger
Es ist der richtige Platz – lange haben sie suchen müssen, um ihren Traum vom eigenen kleinen Wirtshaus zu verwirklichen. Vor wenigen Wochen hat Drei-Haubenkoch Joachim Gradwohl mit seiner Lebenspartnerin Lilli Kollar das bekannte "Schramms Wirtshaus" in Sulztal an der südsteirischen Weinstraße übernommen.
Das Winzerhäuschen (je 35 Sitzplätze in der Stube und im Garten) mitten in den Weinbergen sieht mit seinen urigen Holzschindeln und blauen Fensterläden wie aus dem Bilderbuch aus und liegt in Nachbarschaft zum neuen Fischwirt im Urmeer (vormals Gasthaus Tscheppe), der Ende Juli eröffnen wird.
"Viel haben wir nicht verändert: ein bisschen lichter, weniger Tische, alles ein wenig entschleunigt. Wer diesen Ort sieht, versteht, warum wir das Wirtshaus übernommen haben. Der Platz hat so viel Charme, das haben wir uns immer gewünscht."
Vor zehn Jahren lernten sich die steirische Tourismus-Managerin und der Spitzenkoch bei einem gemeinsamen Freund, dem Winzer Ewald Zweytick, kennen – gerade einmal 500 Meter von ihrem jetzigen Traum-Arbeitsplatz entfernt. Schicksal.
"Mir war nicht langweilig"
Der Niederösterreicher zählte zu den besten Köchen Österreichs, lernte bei Eckart Witzigmann, kochte im Steirereck, im Meinl am Graben und im Fabios. Dann hätte die Krönung seiner Karriere folgen sollen: Küchenchef im Luxus-Hotel Shangri-La in der Wiener Innenstadt, allerdings platzte im Jahr 2011 die Eröffnung und das Ritz-Carlton kam zum Zug.
Bald darauf wurde es still um den Star-Koch mit den strahlend blauen Augen und Gradwohl verschwand von der Bildfläche: "Mir war nicht langweilig. Ich habe zwar in keinem Restaurant gearbeitet, aber das Catering für Veranstaltungen ist sehr gut gelaufen. Es war kein bewusster Rückzug aus der Spitzengastronomie."
Strebt er wieder eine Haube an? Das will er nicht aussprechen: "Hier gab es schon bisher tolle Sachen auf der Karte. Wir wollen eine Wirtshausküche für alle machen. Es soll funktionieren, alles andere fügt sich von alleine."
Steirisches Backhendl bleibt der Klassiker auf der Karte
Auf der Speisekarte setzt er auch weiterhin auf das berühmte Backhendl, für das die Leute weit anreisen, auch Klassiker wie Tafelspitz und Rostbraten dürfen nicht fehlen.
Ein wenig innovativer wird es, wenn der 51-Jährige Hand an Reh, Steinlamm und Gemüse legt: Das Einkorn-Risotto mit Zucchini und Zitronenmelisse soll sich sanft in die steirische Traditionsküche einfügen.
"Garnelen wird man bei uns nicht finden. Wichtig ist uns die Zusammenarbeit mit regionalen Bauern und Winzern rund ums Haus: Ein paar burgenländische und Wachauer Weine darf es aber auch geben."
Und was ist Lillis Part, die schon die letzten Jahre Seite an Seite mit ihm arbeitete? "Lilli bäckt gerne die kleinen Geschichten, da ist sie viel geduldiger als ich. Bei 30 Kilogramm Vanillekipferl würde ich verzweifeln."
Dem kochenden und backenden Duo ist wichtig, auch ein gesellschaftliches Statement mit der neuen Pacht zu setzen: Soziales Engagement soll gelebt werden – so wird mit dem sozial-psychiatrischen Dienstleister Pro Mente zusammengearbeitet.
Info: Das kleine Wirtshaus, 8461 Sulztal an der Weinstraße, Montag 9 bis 20 Uhr, Donnerstag 16 bis 22 Uhr, Freitag bis Sonntag 14- bis 22 Uhr