Lust auf oesterreich

Kulinarik im Waldviertel: Bier und Roggen´ Roll

Klischees sind so eine Sache: Sie scheinen eine komplizierte Welt in übersichtliche Kategorien zusammenzufassen. Zum Beispiel? Guten Whisky gibt es nur in Schottland. Bier ist ein Männergetränk. Und im Waldviertel gibt es vorwiegend Wald (und vielleicht, zum Trinken, das eine oder andere Viertel).

Und dann fährt man in besagtes Waldviertel und kommt drauf, dass das so gar nicht stimmt. Gut, zu trinken gibt es schon etwas, aber Überraschendes: nämlich prämierte Whiskysorten, die man nun in Kombination mit Bier verkosten kann. Beides aus der Region, beides auch mit Führung durch den jeweiligen Betrieb möglich. Den Whisky liefert die Destillerie Haider, das Bier die Zwettler Brauerei.

Vom ersten Whisky ...

Schauplatz Roggenreith: ein winziges Dorf, dreißig Kilometer südlich von Zwettl. Hier werden, nomen est omen, Roggen- und Roggenmalzwhiskys hergestellt. Einst war der Familienbetrieb ein Vollerwerbsbauernhof, erzählt Jasmin Haider-Stadler. Sie hat die Destillerie 2016 von ihrem Vater Johann Haider übernommen. 1995 begann man zu destillieren, drei Jahre später gab es den ersten Whisky. Da im Waldviertel die Hälfte des österreichischen Roggens angebaut wird, lag der Roggenwhisky nahe.

... zu hundert Autobussen

Das machte neugierig: „Im ersten Jahr kamen hundert Autobusse, damit hatten wir nicht gerechnet“, erzählt Haider-Stadler. Die Gäste mussten im Haus der Familie auf die Toilette gehen, der Großmutter waren die Menschenmassen am Hof nicht geheuer. Heutzutage ist das alles kein Problem mehr: Der Betrieb ist zur Whisky-Erlebniswelt herangewachsen. Zu besichtigen gibt es die Hochleistungsbrennerei und Lager, in denen mehrere hunderttausend Liter Whisky lagern. Neben Roggenwhiskys gibt es übrigens auch Gerstenmalz- und Single Malt Whiskys. Man wollte jedenfalls eine eigene Note kreieren: „Die Schotten haben uns als Vorbild gedient – aber nicht als Vorlage.“

Das "Spiel der Sinne"

Seit November bieten die Destillerie Haider und die Privatbrauerei Zwettl nun gemeinsam das „Spiel der Sinne“, eine kombinierte Verkostung von Whisky und Bier: Die Besucher bekommen vier unterschiedliche Biertypen serviert – denen werden je drei passende Whiskysorten gegenübergestellt.

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Schwellenangst wegen drohender Fachsimpelei ist übrigens nicht nötig. Man kann natürlich philosophieren, ob das Bier nun Malzaromen, einen kräftigen Körper oder eine rauchige Note hat. Und ob das zu den zarten Holzanklängen, den Noten von Dörrpflaumen oder den Roggennoten mit Kümmel des Whiskys passt. Muss man aber nicht. Wer weniger Fachmann oder -frau ist, kann sich einfach an die wichtigsten Empfehlungen in den Unterlagen zum Tasting halten: „Genieße jeden Tropfen.“ Und: „Es gibt kein richtig oder falsch.“ Viele der Kombinationen stellen sich als harmonisch heraus, und Whisky-Expertin Haider-Stadler und Biersommelier Martin Pichler erklären alles Wissenswerte.

Frauensache

Schauplatzwechsel nach Zwettl: Wer neben der Destillerie auch die Brauerei besichtigen möchte, kann über Bier noch allerhand lernen. Etwa, dass Brauen bis ins 15. Jahrhundert Frauensache war, es galt wie Kochen oder Backen als Haushaltstätigkeit. Im Mittelalter gehörte der Braukessel zur Mitgift und es war Sitte, dass eine Frau nach dem Brauen Nachbarinnen zum Bierkränzchen lud – quasi eine beschwingtere Form des Kaffeekränzchens. Später erkannten dann geschäftstüchtige Mönche, dass sich Brauen gut kommerzialisieren lässt, und der Bierbrauer wurde zum Beruf.

Und der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt: Bier ist auch heutzutage kein „Männergetränk“; vier von fünf Frauen trinken laut einer Studie des Market Instituts auch gerne Bier.

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Ob Pils, Bockbier, Radler: In der Privatbrauerei Zwettl, seit fünf Generationen im Familienbesitz, werden im Schnitt rund 33.000 Flaschen pro Stunde produziert. Eine halbe Million Kisten Zwettler-Bier seien aktuell in Umlauf, erzählt Biersommelier und Brauer Martin Pichler im Zuge der Führung. Von einem Schauraum aus sieht man Förderbänder voller Flaschen und Kisten. Ein Roboter ist stark genug, um Bierfässer anzuheben, zu reinigen und neu zu befüllen – gleichzeitig ist er so sensibel einstellbar, dass er ein rohes Ei bewegen könnte, ohne es zu zerbrechen. Kurzfilme illustrieren den Brauvorgang.

Das Leben der Flasche

Und man lernt etwa, dass eine Bierflasche an die dreißig Leben hat. Je breiter und auffälliger der helle Ring in der Mitte der Flasche, desto älter ist sie. Kronenkorken sollten übrigens nie gefaltet in der Flasche landen: Dann erachtet die Maschine diese als „fehlerhaft“ und mustert sie vorzeitig aus.

Hopfen und Gerste kommen von Bauern aus der Region, das Wasser stammt aus eigenen Quellen. Fünf Liter Wasser braucht es übrigens für einen Liter Bier. „Das Waldviertel ist ein herbes, aber nicht bitteres Gebiet“, erklärt Brauerei-Chef Karl Schwarz. Das präge auch den Geschmack der Biere.

Und wer doch auch noch etwas vom Wald im Waldviertel haben möchte, dem sei der Zwettler Bierweg (waldviertel.at/a-zwettler-bierweg) ans Herz gelegt: Entlang der neun Kilometer langen Strecke findet man dann doch die idyllische Natur, die man hier in der Region – ganz klischeehaft – erwartet.

Klimafreundliche Anreise

Mit Zug und Bus (rd. 2 Std.) oder mit Bus direkt (1:45 Std.) von Wien bis Zwettl – nach Roggenreith gibt es leider keine öffentliche Verbindung.

Angebote
– „Spiel der Sinne“ inklusive Führung durch die Destillerie: ab 10 Personen, 52 € p.P. Anmeldung: Tel. 02874/7496 oder haider@roggenhof.at, waldviertlerwhisky.at
– Brauereiführungen: unter 20 Pers. 11,80 € p. P. plus 60 € Pauschale, zwettler.at

Übernachten
Schwarz Alm Zwettl, 4* Hotel, ruhige Lage am Wald, AlmSpa und Hallenbad (ganzjährig 30 Grad), DZ ab 165 €/N. schwarzalm.at

Von 15. August bis 31. Oktober dreht sich bei der Lust auf Österreich-Bier-Challenge alles rund um den Gerstensaft. Nach dem Motto "Kleinbrauereien besuchen & Jahresvorrat an Bier gewinnen" haben Teilnehmer und Teilnehmerinnen die Möglichkeit Brauereien kennenzulernen und bei einem Gewinnspiel mit Preisen rund ums Thema Bier teilzunehmen.

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