Haslach, das ehemalige Textilzentrum: Von Webern und Leinen
Von Ingrid Teufl
Wenn Gerti Kloibmiller den Schalter der großen Maschine mit ihrem Fädengewirr umlegt und plötzlich gleichmäßiges Schlagen den Raum erfüllt – dann glaubt man, sie fast zu spüren, die alte Webertradition. Im Textilen Zentrum Haslach hat man den heute verschwundenen Wirtschaftszweig ein wenig dem Vergessen entrissen. Es ist eigentlich paradox: Kaum etwas ist uns so nahe wie Kleidung. Doch die meisten wissen nur wenig über die Herstellung jener Produkte, die sie auf der Haut tragen. Im Ort Haslach an der Mühl, im Oberen Mühlviertel nahe der tschechischen Grenze, war das über Jahrhunderte hinweg anders. Dort waren Flachs, Weben und nicht zuletzt der daraus entstandene Stoff, das Leinen, nicht nur alltäglich. Sondern versorgten ganze Familien. Seit dem 16. Jahrhundert ist der kleine Ort, den Ruhesuchende zum Ausspannen oder Wandern aufsuchen, als Zentrum für Weberei und Leinenhandel bekannt. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als die Textilindustrie massiven Veränderungen ausgesetzt war, änderte sich das gravierend. Die riesige Textilfabrik Vonwiller, die einst bis zu tausend Menschen Arbeit bot, stand in den 1990er-Jahren als Industrieruine mitten im Ort.
Seit 2012 fungiert das Areal als Textiles Zentrum und Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Im Webereimuseum kann man nicht nur über Techniken und Ingenieurskunst zu Zeiten der Industrialisierung im 19. Jahrhundert angesichts der eingangs erwähnten mechanischen Webstühle staunen. Guides wie Gerti Kloibmiller veranschaulichen auch, wie aus einer Hanfpflanze erst feiner Flachs, dann ein Faden und nach unzähligen Stunden ein handgewebtes Stück Stoff entsteht. Die wissenschaftliche Leiterin des Zentrums Christina Leitner führt gerne noch zu den modernen Webmaschinen, die längst elektronisch gesteuert sind.
Gut über das soeben Erlebte räsonieren lässt es sich anschließend bei einer gemütlichen Wanderung entlang der Großen oder der Steinernen Mühl, die sich hier in Haslach kreuzen. Das Marschieren auf Waldwegen, untermalt vom Wasserplätschern, macht den Geist verlässlich ruhig. Und ist vor allem an heißen Sommertagen ideal für eine kleine Abkühlung. Im sogenannten „Welset Pühret“, einem eher seichteren Abschnitt der Steinernen Mühl, wurde ein Naturbad eingerichtet. Und wer kein Badetuch eingepackt hat: Im Textilen Zentrum gibt es nach alten Mustern gewebte Hand- und Badetücher zu kaufen (shop.textiles-zentrum-haslach.at, ab 26 Euro). Den Praxistipp von Gerti Kloibmiller sollte man aber erst zu Hause umsetzen. Sie rät, Leinenstoffe, etwa Geschirr- oder Gläsertücher, vor dem ersten Waschen einige Stunden in kaltes Wasser zu legen. Dadurch quellen die Leinenfasern auf – und macht das feste Material weicher.