RunNa: Zwei Premieren und viel Persönliches
Dienstagabend auf der Summerstage am Wiener Donaukanal. Von Sommer war mit Regenguss und Hagelschauer zwar weit und breit keine Spur, dennoch ließen sich zig Frauen vom verfrühten Aprilwetter nicht abschrecken, um beim KURIER Frauenlauf Talk und Lauftreff dabei zu sein. Am Podium: Frauenlauf-Organisatorin Ilse Dippmann, die Sportordination-Experten Robert Fritz und Michael Koller und ich, als eine der drei Teilnehmerinnen der 10k Challenge. Premiere für mich, denn normalerweise sitze ich mit Block und Stift im Publikum, dieses Mal bekam ich das Mikro vor die Nase gehalten bzw. musste es mir selbst vor die Nase halten.
Eine Stunde lang wurde gequatscht. Ilse erzählte von den Anfängen des Frauenlaufs und was Laufen für sie heute ausmacht. „Wenn um 5:20 Uhr der Wecker klingelt, wäre es natürlich gemütlicher im Bett zu bleiben. Aber wenn ich mir dann das Gefühl nach dem Laufen vorstelle, kann ich gar nicht anders als aufzustehen“, erzählte sie und gab damit auch gleich ein Stichwort für meine Kollegin Barbara, die die Diskussion moderierte: Aufstehen. Wann ich heute aufgestanden sei und was ich dann gemacht hätte? Ich zögerte kurz. „Also aufgestanden bin ich um 5:10 Uhr.“ Und was hast du dann gemacht? Barbara schaut mich fragend an. Wir hatten vor dem Talk kurz darüber geredet. Ich hatte ihr vom Training erzählt, was heute am Plan gestanden ist. Daraufhin hatte sie mich nur ungläubig angeschaut und gemeint, genau das interessiert die Leute. Ich wusste also, worauf sie hinauswollte. Und dennoch zögerte ich kurz. „Naja, ein schnelles Frühstück und danach gab’s das Tempotraining. 400er im Prater und davor auch ein bisschen Tempo beim Hinlaufen.“ Und das waren wie viele Kilometer? „13.“ Für mich nichts Besonderes und daher war es mir etwas unangenehm, dass dies so betont wurde. Machen doch viele andere auch. Ich bin seit Jahren lieber Earlybird als afterwork.
„ Quatschen und quatschend laufen.“ So lautet mein Strava-Titel des KURIER Frauenlauf Laufs. Eine Stunde wurde gequatscht. Nach dem Talk wurde quatschend gelaufen. Für mich wieder eine Premiere, denn ich sollte bzw. durfte erstmals eine Gruppe leiten. Einzige Vorgabe: Gemütlich sollte es sein. Dauer 30 Minuten. „Was ist gemütlich?“, fragte eine Teilnehmerin bevor es losging. Hm, kurzes Überlegen. Ja was ist gemütlich? „6:00? 6:15?“, sagte ich fragend. „Eher 6:15“, lautete der Tenor. Also trabten wir „gemütlich“ los. Acht Frauen schlossen sich mir an. Ilse Dippmann ging es mit ihrer Gruppe noch gemütlicher an und Frauenlauf-Trainerin Anna-Maria war fürs weniger Gemütliche, sprich bisschen Tempo machen, zuständig. Schon nach wenigen hundert Metern kristallisierte sich heraus, dass an dem Abend die Gemütlichkeit im Vordergrund stand. Anna-Maria lief vorne weg ziemlich einsam. Nur meine Kollegin Barbara heftete sich an ihre Fersen.
Wir trabten dahin. Am Donaukanal. Meiner Stammstrecke, die ich in und auswendig kenne und die dennoch abends etwas anders wirkt, als im Morgengrauen, mit müden Augen und oftmals noch eher schlafwandelnd, als wirklich laufend. Für mich war es an dem Abend ein Genusslauf. Austraben nach dem Tempotraining zwölf Stunden zuvor. Doch Genuss nicht nur, weil ich nicht auf 400 Metern Vollgas geben musste, sondern vor allem, weil es ums Miteinander und damit verbunden, wie mein Strava-Titel sagt, ums Quatschen und Kennenlernen ging. Wer sind eigentlich die Frauen, die am 27. Mai am Start stehen werden?
Real Life
„Hallo Natascha, ich bin Andrea.“ Ich krame gerade in meiner Sporttasche und schaue auf. „Hallo“, sage ich etwas überrascht und dann nach einer kurzen Pause: „Ah, hallo! Sorry, musste jetzt erst überlegen... Ja voll super, dass du gekommen bist und wir uns endlich mal persönlich kennenlernen!“ Andrea und ich haben uns bisher nur virtuell gekannt. Sie hatte mich einmal angeschrieben, weil sie meinen Blog gelesen hatte. Der Kontakt ist seither nicht abgerissen. Ein Treffen war sich bisher noch nicht ausgegangen. Daher freute ich mich umso mehr, dass sie tatsächlich zum KURIER Frauenlauf Talk und Lauftreff gekommen ist. Sie schloss sich meiner Gruppe an und wir trabten die 30 Minuten gemeinsam Seite an Seite. Nun hatte ich endlich nicht nur ein reales Gesicht zum Namen, sondern lernte Andrea auch gleich ein bisschen besser kennen...
Andrea stammt aus Deutschland und wohnt noch nicht lange in Wien. „Ich starte zum ersten Mal beim Frauenlauf und habe mich für die 10 km angemeldet. Ein bestimmtes Ziel habe ich eigentlich nicht. Ich bin schon länger keine 10km mehr auf Zeit gelaufen und ich möchte den Lauf einfach zum Anlass nehmen, zu schauen wo ich stehe. Bisher kenne ich nur die Womens Run Serie aus Deutschland und da muss ich natürlich als Neu-Wienerin mal schauen wie der Frauenlauf in Österreich denn so ist“, erzählt sie. Für den Talk habe sie sich angemeldet, weil sie mit den anderen Teilnehmerinnen ins Gespräch kommen wollte. „Dann sah ich natürlich die Chance dich zu treffen und ich wollte mir einen ersten Eindruck von den Sportordinationsleuten verschaffen.“ Da sie schon länger läuft, waren die meisten Sachen nicht wirklich neu für sie. „Alles in allem fand ich die Talkrunde sehr gelungen und ich denke für Laufanfänger war das auch wirklich eine sehr gute Basis.“
Jubiläum
Ebenfalls in meiner Gruppe war Eva. Im Gegensatz zu Andrea feiert sie beim diesjährigen Frauenlauf am 27. Mai ein kleines Jubiläum: Zum zehnten Mal wird sie am Start stehen. „Heuer zum zweiten Mal die 10 Kilometer“, sagt sie. Zielzeit? „Na schneller sein als voriges Jahr“, meint sie und lacht. Der Frauenlauf sei für sie etwas ganz Besonderes: „Ich treffe dort sehr viele Leute und könnte nur tratschen. Außerdem habe ich sehr viele Freunde durch den Frauenlauf kennengelernt. Die Organisation ist super und unschlagbar und ich helfe auch selbst mit.“
An Evas Seite lief Petra. Sie will am 27. Mai ebenfalls die 10 km in Angriff nehmen. Ziel: „Wenn alles gut geht unter einer Stunde.“ 2012 habe sie bei Fritzi, einer Frauenlauftrainerin in Schönbrunn, zu laufen begonnen. „Ich konnte es gar nicht glauben, dass man nach zwölf Wochen 5 km laufen kann. Das war für mich undenkbar“, sagt sie. Seither ist sie regelmäßig am Start. Heuer wird es ihr fünfter Frauenlauf werden.
Freundschaften
Doch nicht nur der Lauf selbst ist es, das den Frauenlauf für viele so besonders macht. Eva und Petra sind regelmäßig bei den Frauenlauftreffs in Liesing dabei. „Die Freundschaften die aus den Lauftreffs entstanden sind. Die gegenseitige Motivation auch durch die Trainerinnen, die bei Wind und Wetter das Programm abwickeln, das ich alleine nie so konsequent durchziehen würde. Dazu die liebenswerte Art der Trainerinnen sowie Spaß daran zu haben gemeinsam Bewerbe zu bestreiten und sich über die Pokale und Leistungen der Laufkolleginnen bzw. Freundinnen zu freuen“, erklärt Petra.
Nach genau 30 Minuten landen wir wieder beim Ausgangspunkt – der Summerstage. „Wie viele Kilometer waren das jetzt?", hörte ich eine Teilnehmerin fragen. „4,7." Aus der 6:15er Pace wurden also 6:24. Völlig wurscht. Gemütlich war die Vorgabe und im Endeffekt stellte ich fest, dass es gar nicht einfach ist, eine Gruppe zusammenzuhalten. Für die einen zu langsam, ist für die anderen zu schnell. Also Hut ab vor jeder Frauenlauftrainerin, die Woche für Woche ihre Frauen und Mädels zu Höchstleistungen pusht.
Auf der Heimfahrt in der U-Bahn ließ ich den Abend ein wenig Revue passieren. Es war ein bunter Haufen an Teilnehmerinnen gewesen. Von der Anfängerin bis hin zur erfahrenen Läuferin. Egal mit welchem Ziel jede einzelne von uns am 27. Mai am Start steht, eines verbindet uns alle: „Teilnehmen ist wichtiger als siegen.“ Mit diesem Satz von Pierre de Coubertin wünsche ich schon heute allen Teilnehmerinnen einen tollen Frauenlauf 2018!
Autorin Natascha Marakovits finden Sie auch auf Instagram.