Wir sind mit der legendären Douglas DC-3 Propellermaschine abgehoben
Von Cordula Puchwein
Roger Mills nimmt im Cockpit Platz. Dort zieht der Flugkapitän gemächlich seine Lederhandschuhe an. Eine nebensächliche Geste – und doch ein schönes Bild für das Oldtimer-Feeling, das uns erwartet. Denn "old school" ist die Douglas DC-3 wahrhaftig. Und eine Legende obendrein. Mitte der 1930er-Jahre revolutionierte die zweimotorige Propellermaschine die Luftfahrt. Bis dahin ratterten vielfach noch behäbige Doppeldecker durch die Lüfte. Die waren schön, aber langsam. Und aus Holz. Die neue Douglas DC-3 hingegen ist komplett aus Metall. Ein silberner Vogel, zusammengehalten von 500.000 Nieten. "Und sie war das erste Flugzeug, das zur Beförderung größerer Personengruppen für Mittel- und Langstrecken gebaut wurde. Anfangs hieß sie "DST" – "Douglas Sleeper Transport" – und war mit 14 Betten ausgestattet, damit Passagiere bei Nacht- oder Interkontinentalflügen schlummern konnten.
"Den fliegenden Schlafwagen hat man aber bald wieder verworfen und stattdessen Sitze für 21, später sogar für 35 Gäste eingebaut", erzählt Roger Mills am Flugfeld von Genf. Vor ihm die "Grande Dame der Luftfahrt", die wie ein Monument zwischen den Jets von heute steht. In tadellosem Zustand und mit historischem Logo von Breitling, jener besonders flugaffinen Uhrenmarke, die sich für die Erhaltung historischer Flugzeuge engagiert wie dieser DC-3, Baujahr 1940. Als sie später zur Startbahn rollt, um Richtung Pardubice (Tschechien) abzuheben, wo an diesem Wochenende die Airshow 2016 stattfindet, zücken Flughafenmitarbeiter ihre Handys und knipsen wie verrückt. Wir, die drinnen in der Kabine mit weißem Leder und Holzfenstern sitzen, fühlen uns wie Filmstars der 40er-Jahre. Das war die Zeit der DC-3, gebaut von Donald Wills Douglas, dem Jahrhundert-Konstrukteur. Mit dem Jungfernflug am 17.12.1935 wurde Luftfahrt-Geschichte geschrieben.
Eine technische Besonderheit der ersten Verkehrsmaschine war die dreiteilige Tragfläche mit einer Spannweite von 29 Metern. Überhaupt war der Flieger extrem robust und sicher und konnte mit gut 290 km/h längere Strecken, auch über den Atlantik, zurücklegen. Damit wurde erstmals Alltag, was heute selbstverständlich ist: Sicherheit und Pünktlichkeit am Himmel.Von der DC-3, über die es mehr Abenteuergeschichten gibt als von Karl May, wurden gut 16.000 Stück gebaut, viele davon in Lizenz. Damit ist sie bis heute das meistverkaufte Propeller-Verkehrsflugzeug – ein "VW der Lüfte". Dass Flugzeuge des Typs nach wie vor im Einsatz sind, ist der Uhrenmarke Breitling zu danken, die sich intensiv für den Erhalt solch "himmlischer Oldtimer" engagiert. Sehr zur Freude von Nostalgie-Fans, die gerne einen Flug mit dieser von Breitling unterstützen DC-3 buchen. Und natürlich von Meisterpiloten wie Roger Mills. Der fährt die Propeller auf Maximalleistung hoch. Die Maschine bebt. Die Kabine kracht, es poltert und zischt wie in einem alten Dampfross. Flugfeeling anno dazumal. Wie ein Fohlen steht die DC-3 am Start, wild darauf, losgelassen zu werden. Der Geräuschpegel ist ohrenbetäubend. Schallisolation hat das alte "Flugross" keine. Druckkabine auch nicht. Gut für uns Passagiere, so werden wir die Erde aus angenehmer Höhe von 3.000 Metern vorbeiziehen sehen.
Dann ist es soweit. Mills löst die Bremsen, gibt Schub. Die DC-3 setzt sich in Bewegung. Nach langem Anlauf steigt sie schließlich elegant wie ein Schwan in den Himmel. Das Wetter: sonnig, mäßiger Wind. Der Flug führt über Genf, Augsburg nach Tschechien. Gut drei Stunden werden wir unterwegs sein. Langsam gewöhnt man sich an den Geräuschpegel. Das Flugzeug hat mit 74.000 Flugstunden in den Flügeln eine lange Karriere hinter sich, war unter anderem für die US-Army im Weltskriegseinsatz. Tausende Tonnen Material wurden damit befördert.
Mit 17.000 Flugstunden ist er ein top erfahrener Pilot, der nahezu alles geflogen ist, was Flügel hat: vom Ultraleichtflugzeug bis zur Concorde. Seine Liebe aber gehört historischen Maschinen. Er fliegt auch die Sally B., die Hawk Speed Six G-ADGP, die Superconstellation, besonders gerne aber die DC-3. Wie ein Rennfahrer sitzt er im Cockpit und dirigiert sie mit dem Steuerungshorn, dem Lenkrad eines Formel-1-Boliden nicht unähnlich, durch die Luft. Dann taucht am Horizont Pardubice auf. Mills macht die DC-3 fertig zur Landung und setzt sie wenig später so gefühlvoll auf die Landebahn, wie es nur ein echter Liebhaber der "Himmelsgöttin" vermag.