Leben/Gesellschaft

Wie die #Raute das Internet erobert

Die Geschichte der „Hashtags“, also von Begriffen, die mit einem Rautezeichen versehen sind, ist so alt wie das Internet selbst. In einem der ersten Chatsysteme des Internets, dem „Internet Relay Chat“ (IRC), wurden die Marker bereits vor 25 Jahren zum Ordnen von Diskussionsgruppen und Themenfeldern verwendet. Massentauglich wurden die Hashtags spätestens mit Twitter, welches das Rautezeichen 2007 auf Vorschlag eines Mitglieds zu einem fixen Bestandteil seines Dienstes machte.

Facebook zieht nach

Nachdem bereits viele andere Internetdienste wie der Fotodienst Instagram, die Blogging-Plattform Tumblr und Googles soziales Netzwerk Google+ das Rautezeichen für sich entdeckten, hat auch Facebook nachgezogen. Hashtags können fortan in Beiträgen angeklickt werden, um weitere Postings zu einem bestimmten Thema gesammelt verfolgen zu können. Facebook kündigte auch an, dass #Begriffe ab sofort auch über die Suchfunktion aufgespürt werden können.

Hashtags sind deshalb so populär, weil man mit ihnen in ganz kurzer Form etwas prägnant zum Ausdruck bringen kann. Mittlerweile werden die Schlagwörter auch gleich in den Satz eingebettet und nicht hintan gestellt, was natürlich noch ökonomischer ist“, erklärt der auf digitale Medien spezialisierte Sprachwissenschafter Torsten Siever im Gespräch mit der futurezone. „Darüber hinaus erfüllen sie auch eine wichtige Funktion, weil Beiträge so leichter gefunden werden können – wie wir das im Grunde auch von Schlagwort-Katalogen in Bibliotheken kennen.“

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Der Unterschied zur Verschlagwortung in der analogen Welt bestehe darin, dass die Nutzer selbst Begriffe vergeben würden. Welches Thema die größte Aufmerksamkeit nach sich ziehe, bestimme die Intelligenz der Masse, auch Schwarmintelligenz genannt.

Trendbarometer

Twitter, Google und Co haben das Phänomen der intelligenten Masse längst erkannt und weisen seit Längerem Listen mit aktuellen Trend-Themen auf, die nach der quantitativen Verwendung der Hashtags gestaltet sind. Nutzer, die vielleicht noch nichts von einem aktuellen Thema mitbekommen haben, können so in die Diskussionen einsteigen, welche die Leute am meisten bewegen.

Inhaltlich sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, neben Orts- und Firmennamen, politischen Parteien und bekannten Persönlichkeiten werden Hashtags immer wieder Bestandteil öffentlicher Kampagnen – wie aktuell in den Auseinandersetzungen von Demonstranten mit der türkischen Regierung, wo Twitter-Beiträge meist mit #gezipark oder #occupygezi gezeichnet sind. Im deutschsprachigen Raum wird unter dem Hashtag #aufschrei seit Monaten über Sexismus diskutiert.

Dass Facebook nun ebenfalls auf Hashtags setze, ist laut Social-Media-Expertin Judith Denkmayr von "digital affairs" ein logischer Schritt: „Das Konzept hat sich auf Twitter bewährt, da kann eigentlich nichts schiefgehen.“ Was sich ändern werde, ist, dass Debatten zukünftig stärker über den privaten Facebook-Freundeskreis hinaus geführt werden. Zu jedem Thema eine eigene Facebook-Seite anzulegen sei nun nicht mehr notwendig. „Das schafft auch das Problem aus der Welt, dass viele Themen einfach zu kurzlebig sind, als dass es sich lohnen würde, jedes Mal eine neue Page zu erstellen“, sagt Denkmayr.

Kein Sprachverfall

Angst um die deutsche Sprache müsse man angesichts der neuen digitalen Kommunikation jedenfalls keine haben, meint Sprachwissenschaftler Siever. „Noch nie in der Geschichte der Menschheit wurde so viel geschrieben und gelesen wie heute. Die Sprache mag sich dadurch vielleicht schneller ändern als früher, von Sprachverfall zu sprechen ist aber unsinnig“, so Siever.

Wenn man heute einen Text aus dem 12. Jahrhundert lese, sei man ja auch froh, dass sich die Sprache weiterentwickelt habe. Die Vermutung, die Sprachfertigkeit von Schülern nehme aufgrund der digitalen Medien-Nutzung ab, ist laut Siever wissenschaftlich nicht bestätigt.

Der im Internet beliebte Begriff „Hashtag“ ist eine englische Wortkreation. Sie setzt sich aus „hash“ für das bei uns als Doppelkreuz oder Rautezeichen bekannte #-Symbol und dem englischen Wort „tag“ zusammen, das im Deutschen mit „Etikett“ bzw. „Markierung“ übersetzt werden kann.

Im Internet wird das Rautezeichen vielerorts einem bestimmten Begriff vorangestellt, um einen Beitrag thematisch besser einordnen und danach suchen zu können. Internet-Nutzer können so Themen verfolgen, die sie interessieren, wie zuletzt etwa Beiträge zum #Hochwasser.